Previous Page  500 / 549 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 500 / 549 Next Page
Page Background

502

(3)

Es ist vor den Gliedern.

(4)

Es geht in den Gliedern nicht unter.

Die etwas dunkle Fassung der beiden ersten Axiome erhellt der

Hinweis: „Das Ganze als s o l c h e s erscheint niemals sinnfäl-

lig.“

1

Das Axiom (3) wird im Schöpfungsgang primär l o g i s c h

gedeutet, es heißt dort wörtlich: „Das Ganze ist logisch vor den

Gliedern“

2

, während in der Kategorienlehre im Satz: „Das Ganze

ist es, das sich ausgliedert, daher ist es vor den Gliedern“

3

auch der

o n t o l o g i s c h e Vorrang des Ganzen betont wird. Das Axiom

(4) wehrt den Pantheismus ab, nach dem jedes schaffende Wesen, zu-

letzt auch Gott, in seinen Geschöpfen untergehen muß.

Auch die Ableitung der Kategorien aus der ganzheitlichen

Grund-Automatik

erweist Spanns Realitätsbezogen heit. Dies gilt für die

Kategorien der Ausgliederung ebenso, wie für die der Rückverbun-

denheit.

In Auseinandersetzung mit Kants Begriff der transzendentalen

Apperzeption und Fichtes Setzungslehre gewinnt Spann aus seiner

Lehre von der Ausgliederung seine Auffassung des Seins als

S c h a f f e n a u s d e m G e s c h a f f e n w e r d e n . Für ihn

ist Sein ein unaufhörlich Tun, ein ständig Schaffen und Geschaffen-

Werden. Dieses Tun ist aber kein heraklitischer Fluß des Werdens,

keine Veränderung schlechthin, denn es gibt ein Bleibendes in ihm,

das Schaffende, das als „Dasselbige, Gleichbleibende“

4

Dauer hat.

So enthüllt sich ihm die Wirklichkeit als Stufenbau des Geschaf-

fenwerdens und Schaffens, der getragen wird von dem Urschaffen-

den, das auch das Urseiende ist, von Gott.

Spanns Seinslehre, die die Eleatisch-Heraklitische Antinomie und

eine Reihe von Schwierigkeiten und Widersprüchen der aristoteli-

schen Ontologie in schöpferischer Überhöhung bewältigt, ist von

der Philosophie bisher kaum beachtet worden, obwohl schon die

bloße Auseinandersetzung mit ihr der ontologischen Forschung

neue Ziele und Impulse gegeben hätte.

Die Spannsche Ontologie findet ihren Abschluß in der Gottes-

lehre. Die Lehre vom Stufenbau des Seins führt ebenso zu ihr wie

1

Siehe oben S. 36.

2

Siehe oben S. 38.

3

Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 66.

4

Siehe oben S. 37.