Previous Page  66 / 549 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 66 / 549 Next Page
Page Background

68

[68/69/70]

von Bestimmtheit. Ebenso wenn Chaos als erster Keim gefaßt

würde.

Keinesfalls kann also das Urschaffen aus dem Chaos die / Welt

schaffen. Ist das Chaos ein „Nichts“, dann schafft das Urschaffen die

Welt ohnehin aus Nichts. Wäre aber das Chaos eine nur zum Teil

in Unordnung geratene Welt, die Gott wieder einrichtet, dann

handelt es sich nicht um ein Urschaffen, sondern um ein erneuern-

des Schaffen.

Ebensowenig kann der Mensch je mittels eines Chaos schaffen,

wenn dieses als schlechthinnige Unordnung gedacht würde. Der

Mensch kann zwar einen „in Unordnung geratenen“ Gegenstand

wieder in Ordnung bringen, der Feldherr zum Beispiel ein in Un-

ordnung geratenes Heer; aber nur deshalb, weil nicht a l l e s , was

ihm entgegentritt ohne Ordnung ist, sondern doch einiges noch in

Ordnung. Der Feldherr zum Beispiel bedarf zu jener Aufgabe einer

Welt, deren Gesetze gelten, er bedarf der Männer von Ehre usw.

Mit diesem Festhaltenden kann er arbeiten. Vor jedem abgeleiteten

Schaffen ist schon eine Welt nötig. Daraus folgt allgemein:

„ K o s m o s i s t v o r C h a o s“.

Vor dem menschlichen Schaffen ist die Welt (aber das N e u e , das

in dieser vorgegebenen Welt hervorgebracht wird, ist allerdings

nicht aus dieser Welt und in diesem Sinne ist es aus dem Nichts).

Hiermit stimmt auch der Satz unserer „Kategorienlehre“ überein

„Ganzes kommt nur aus Ganzem“. Dem entspricht endlich der oben

angeführte Aristotelessatz: Das Wirkliche ist vor dem Möglichen

1

.

Die Sätze der Ontologie fordern überall, daß Kosmos vor Chaos

sei. Die Lehre vom Chaos und vom Schaffen der Welt aus einer vor-

gegebenen Materie dagegen ist begriffswidrig. Vor dem Urschaffen

sind weder Materie noch Chaos. Gott hat die Welt aus Nichts ge-

schaffen, wie er sie i m m e r z u n o c h a u s N i c h t s —

a u s d e m r e i n e n S c h ö p f e r g e d a n k e n , a b e r a u s

k e i n e m M a t e r i a l — s c h a f f t .

Daher ist auch endlich vor dem abgeleiteten Schaffen / nicht das

Chaos, vielmehr das jeweils nächsthöhere Schaffen und zuletzt das

Urschaffen.

1

Siehe oben S. 30 und Weiteres darüber unten S. 92 ff.