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soviel heißt, daß ohne Wärme kein Miteinander und keine art-

eigene Wirksamkeit der Stoffe bestehe. — Als geradezu wider-

spruchsvoll stellt sich dagegen das Verhältnis der Wärme zum

Rauminhalt der Körper dar. Zwar dehnt die Wärme im all-

gemeinen die Körper aus; aber zugleich zerstört sie auch deren /

Form, man kann sagen: deren individuelle Form oder Raum-

gestalt. Als ausdehnende fördert die Wärme also die Verräum-

lichung, als gestaltzerstörend aber tut sie ihr (wenigstens in

Hinsicht der Individualisierung der Ausdehnung, denn das ist

ja die Gestalt) Abbruch. — Im Verhältnis zur Elektrizität zeigt

sich einerseits Umwandlung von Wärme in Elektrizität (Thermo-

dynamik) wie umgekehrt von Elektrizität in Wärme (Beispiel:

Glühlampe); andrerseits aber ein hemmendes Verhältnis, da die

Erwärmung im allgemeinen die Leitfähigkeit verringert und

umgekehrt stark abgekühlte Körper die Elektrizität wider-

standslos leiten, „supraleitfähig“ werden

1

.

Das Verhältnis der Wärme zum Chemismus ist das durch-

greifendste. Es dünkt uns aber auch darum das entscheidende,

weil der Chemismus offenbar die Grundlage aller übrigen

Natureigenschaften ist. In ihm haben wir ja das Umfassendste

in der Materie vor uns: das neue Werden, die Individuation,

welche in den chemischen Vorgängen liegt, gleicht der Z e u -

g u n g auf organisch-physiologischem Gebiete. Das nahe Ver-

hältnis der Wärme zu dieser durchaus grundlegenden Erschei-

nung der stofflichen Welt ist daher auch als der bezeichnendste

Grundzug an der Wärme zu betrachten. Worauf weist nun diese

nahe Beziehung hin? Welches Wesen der Wärme wird uns damit

angedeutet? Und wie läßt sich damit die ebenfalls innige Be-

ziehung zur Verräumlichung der Stoffe verbinden? Das sind die

Fragen, die sich hier ergeben.

Die Antwort, die wir im folgenden begründen werden, lautet:

Wärme ist, wie die Wahlanziehung, eine innere Handlung der

stofflichen Dinge. W ä r m e i s t e i n A u s d r u c k d e r

R ü c k b e z ü g l i c h k e i t i m G e g e n s a t z e z u r A u s -

b r e i t s a m k e i t . Wärme ist nachträglicher Einheitsbezug der

räumlich getrennten / Teile des Stoffes. Dieser Einheitszug muß

1

Vgl. die neuesten Mitteilungen hierüber von Hermann Mark: Extreme

Versuchsbedingungen als Quelle des Fortschrittes (Fünf Wiener Vorträge, Zyklus 3),

Wien 1936.