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Geist ist zuerst zu bestimmen als Innerlichkeit. Was will aber

damit gesagt sein? Vor allem heißt Innerlichkeit: nicht von

außen her, nicht nachträglich und vermittelt zu etwas kommen.

Nicht vermittelt, sondern unmittelbar, im eigenen Selbste be-

schlossen, das ist Innerlichkeit. Denkt man an Gefühle wie

Freude, Mut, Kraftbewußtsein, so ist es klar, daß sie uns un-

vermittelt angehören.

Mit der Innerlichkeit kommt dem Geiste also unmittelbare

Verbundenheit seiner Teile (Gedanken, Gefühle), damit aber

vollkommene Ganzheit zu. Und umgekehrt: Weil im Geiste

Ganzheit ist, eben darum sind die Glieder unmittelbar und inner-

lich ihm angehörig. Wir können das auch als unmittelbare innere

Einheit bezeichnen.

Mit dem Gesagten ist schon gegeben, daß Geist ferner auch

das sei, was man innere Wahrnehmung nennt. Innere Wahr-

nehmung ist z. B. die Wahrnehmung einer Gemütserregung in

mir selbst. Daher ist innere Wahrnehmung stets zugleich Selbst-

wahrnehmung. Was ich in mir fühle, ist zwar ein verhältnis-

mäßig mir gegenüberstehendes Gegenständliches (Objektives)

und eben dadurch Wahrgenommenes; aber doch zugleich ich

selbst. / Auch was ich in mir (künstlerisch) gestalte, ist zugleich

mein Gegenstand und zugleich ich selbst. Vergegenständlichung

ist im Geiste also stets Selbstvergegenständlichung. Der Geist

zeigt sich der tiefsten Zergliederung als S e l b s t v e r g e g e n -

s t ä n d l i c h u n g o d e r S u b j e k t - O b j e k t , wie Fichte

uns lehrte (allerdings geschieht das nur in geistiger Gemeinschaft

oder Gezweiung, das heißt, der sich selbst denkende Geist ist nur

gliedhaft möglich — ein Gedankengang, den wir hier nicht

weiter verfolgen

1

).

Geist ist überdies Spontaneität, S e l b s t s e t z u n g . „Das Ich

setzt sich selbst“, lehrte Fichte und kennzeichnete damit den

Geist in seinem schöpferischen Wesensgrunde. Auch die Selbst-

setzung ist nur in Gezweiung möglich

1

.

S e l b s t s e t z u n g ,

S e l b s t v e r g e g e n s t ä n d l i c h u n g , U n m i t t e l b a r -

k e i t u n d I n n e r l i c h k e i t s i n d W e c h -

1

Siehe meine Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 113ff. und öfter;

Erkenne Dich selbst ( = Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 6), Jena

1935, S. 38ff. und 62f.