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ist das mystische Feuer, das man auch durch die Methode, die Kunst
(der Übungen) erlangen kann.
Zu den esoterischen Bildern des mystischen Weges ist auch noch
die Hilfe zu rechnen, welche nach Homer Hephaistos dem Zeus bei
der Geburt Athenes durch Öf f n e n d e s K o p f e s m i t e i n e m
B e i l leistete. Die S c h e i t e l - o d e r K o p f g e b u r t ist ein
mystisches Bild der Empfindung einer Durchfeuerung der Scheitel-
naht. Daher der Feuergott Hephaistos hierfür zum Sinnbild wird.
Die schon steinzeitliche T r e p a n a t i o n zeugt von uralter Mystik
und ihrer Exoterik
1
.
Einen exoterischen Hinweis auf die mystische Schulung sehen wir
ferner in der, auf ägyptischen Bildern so oft erhaltenen Darstellung
der M u n d ö f f n u n g . Der Mund wird zum Aussprechen ge-
öffnet: das mystische Sprechen. Dieses wird als schöpferisch empfun-
den, ist daher dem schöpferischen Wort der Gottheit selbst ähnlich.
Hermes und Wotan als F ü h r e r d e r S e e l e n in das Jenseits,
damit auch in das Totenreich, zeigen an, daß die mystische Erleuch-
tung die Vorwegnahme des Zustandes nach dem Tod sei. Wieder
stoßen wir hier auf den Gott der Ekstase zugleich als Totenführer.
Aber auch Hermes als Verleiher eines glücklichen F u n d e s zeigt
ihn als den Gott der erlangten Gnade von Erleuchtungen und Vi-
sionen. — Auch eine andere Form der Führung der Seelen in das
Jenseits erkannten wir schon im W i l d e n H e e r W o t a n s . Der
mystisch-magische Charakter des Wilden Heeres als Teil eines ger-
manischen Geheimdienstes ist unzweifelhaft
2
. Auch die W i l d e
J a g d d e r H e k a t e , die mit den Seelen durch die Luft fährt,
stellt sich hier ein.
Hieran schließen sich jene Einkleidungen, welche den V e r r a t
des Geheimnisses der mystischen Schulung betreffen. Es scheint /
uns, daß sie uns in den Gestalten der Medea und der Ariadne ent-
gegentreten. Medea lehrte Jason, Ariadne Theseus, wie man die Ge-
fahren bestehe und die Ungeheuer bezwinge. Beide haben ihren
Lohn dahin, denn sowohl Jason wie Theseus wenden sich von ihnen
ab. Medea verfällt schließlich der schwarzen Magie, die sich selbst
1
Vgl. Herta Machold: Der Sinn einer Hieroglyphe, Untersuchungen zum
Mythos von der Geburt der Weisheit aus dem Scheitel, Wien 1943 (Dissertation).
2
Siehe oben S. 226 f.