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Vorstellung von Gott auch noch so kindlich — nicht Gott ist

anthropomorph zu verstehen, sondern der Mensch theomorph. Jede

Gottesvorstellung stellt Gott stets t r o t z der anthropomorphen

Bestandteile als Gott vor, niemals durch sie.

Damit sind wir bereits bei der Darstellung der nichtempiristi-

schen Religionsauffassung angelangt.

II. Die Religion nach universalistischer und nichtempiristischer

Auffassung

A. Das W e s e n d e r R e l i g i o n u n d i h r e S t e l l u n g

i m L e b e n

„Das eigentliche, einzige und tiefste Thema der Welt-

und Menschengeschichte, dem alle übrigen untergeordnet

sind, bleibt der Konflikt des Unglaubens und des Glau-

bens. Alle Epochen, in welchen der Glaube herrscht, in

welcher Gestalt er auch wolle, sind glänzend, herzerhebend

und fruchtbar für Mit- und Nachwelt. Alle Epochen, in

welchen der Unglaube, in welcher Form es sei, einen

kümmerlichen Sieg behauptet..., verschwinden vor der

Nachwelt, weil sich niemand gerne mit Erkenntnis des

Unfruchtbaren abquälen mag.“

1

Die universalistische Betrachtung der Religion geht von ihr als

einer überindividuellen Gegebenheit, als einem objektiven Geiste

aus. Die nichtempiristische, die idealistische Auffassung ihrer In-

halte geht / vom Übersinnlichen als der Urtatsache geschichtlichen,

gesellschaftlichen und individuellen Lebens aus. Die universalistische

wie die idealistische Auffassung sehen daher in der Religion einen

solchen Bestandteil des menschlichen Gemeinschaftslebens sowohl

wie des subjektiven Erlebens der Einzelnen, welchem begriffsgemäß

die Anfangsstellung, der V o r r a n g , zukommt. Eine Religion,

die nicht begriffsgemäß, wesensgemäß das herrschende, bestimmende

Element des Lebens zu sein beanspruchte, hat es noch nicht gegeben.

Die Allgemeingültigkeit des Grunderlebnisses — das, wenn schon

1

Johann Wolfgang von Goethe: Noten und Abhandlungen zum Westöst-

lichen Diwan, viele Auflagen, zum Beispiel: Berlin 1872, erläutert von Gustav

von Loeper, S. 229 ff.