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Othmar S p a n n , am 1. Oktober 1878 in Altmannsdorf, einem damaligen

Vororte Wiens, geboren, studierte in Wien, danach in Zürich, Bern und Tübin-

gen Volkswirtschaftslehre, Gesellschaftslehre und Philosophie. 1903 wurde er in

Tübingen summa cum laude zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert.

Aus einer im selben Jahre beginnenden Tätigkeit in der von Klumker

geleiteten Zentrale für private Fürsorge in Frankfurt am Main erwuchs dann eine

Reihe statistischer, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlicher Arbeiten. 1907

habilitierte sich Spann mit der Schrift „Wirtschaft und Gesellschaft“ bei Gottl-

Ottlilienfeld an der deutschen Technischen Hochschule in Brünn, an der er 1909

zum außerordentlichen, 1911 zum ordentlichen Professor ernannt wurde. Nach

seiner Verwundung im Ersten Weltkrieg arbeitete er im k. u. k. Kriegsministe-

rium in Wien. 1919 wurde er als Nachfolger Philippovichs ordentlicher Professor

der Politischen Ökonomie, dann auch der Gesellschaftslehre an der Universität

Wien. Im März 1938 enthob man Spann und brachte ihn ins Gefängnis. Aber

auch nach 1945 konnte er nicht in sein Lehramt zurückkehren. Am 8. Juli 1950

starb er auf seinem Landsitz zu Neustift im Burgenlande.

Unter steter Berufung auf Platon und Aristoteles, Thomas von Aquino und

Meister Eckehart, auf die Philosophie des deutschen Idealismus und der Roman-

tik entwickelte Othmar Spann seine Lehren in scharfem Gegensatze zu den damals

herrschenden wissenschaftlichen Richtungen und wandte sich gegen Individualis-

mus und Liberalismus in den Gesellschaftswissenschaften, gegen Empirismus,

Positivismus, Sensualismus und Materialismus in der Philosophie, gegen das kau-

sale, quantifizierende und mathematisierende Verfahren in den Geisteswissen-

schaften.

Sein Hauptanliegen war es, dem Empirismus und dessen einziger Kategorie

der Ursächlichkeit im Universalismus, der Ganzheitslehre, ein neues Verfahren

gegenüberzustellen, das mit den Begriffen der Ganzheit, der Ausgliederung, und

der Rückverbundenheit samt ihren Besonderungen einen reichen Kosmos von

Kategorien darbietet und so erst der Fülle der Welt und des geistigen Lebens

gerecht wird; sodann die Gültigkeit des ganzheitlichen Verfahrens in den Einzel-

wissenschaften zu erweisen; zunächst in Nationalökonomie und Gesellschafts-

lehre, später, in der zweiten Hälfte seines Lebens, in den großen philosophischen

Werken, die das Gesamtgebäude der Philosophie und ihre Zweige von der Re-

ligionsphilosophie bis zur Naturphilosophie umfassen.

Erich H e i n t e 1, Ordinarius für Philosophie und Vorstand des I. Philo-

sophischen Institutes der Universität Wien, wurde 1912 in Wien geboren. Seine

Lehrbefugnis umfaßt das Gesamtgebiet der Philosophie in systematischer und

historischer Hinsicht. Er ist der Herausgeber der Reihe „Überlieferung und Auf-

gabe“ und des „Wiener Jahrbuchs für Philosophie“. Er leitet die Philosophische

Gesellschaft Wien und die Tagungen im Stift Zwettl, Niederösterreich, die dem

Gespräch zwischen westlichen und marxistischen Philosophen dienen.