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D. Zur Geschichte des Universalismus

Der Universalismus ist so alt wie das menschliche Denken. Die

indische und chinesische Gesellschaftsphilosophie sind davon er-

füllt (die U p a n i s c h a d e n , L a o t s e , K u n g f u t s e ) . P l a -

t o n u n d A r i s t o t e l e s verteidigen ihn gegen die individuali-

stischen Angriffe der Sophisten. Die mittelalterliche Scholastik ver-

tritt eine durchaus universalistische Gesellschafts- und Wirtschafts-

auffassung

(Bonaventura,

Thomas

von

Aquino).

/

Mit der Renaissance, dem Naturrecht, mit Quesnay, Smith,

Ricardo, Say, Comte, Mill bricht der Individualismus herein. Da-

gegen vertreten Adam Müller, Görres, Baader, alle andern Roman-

tiker und Nachromantiker: Thünen, List, Carey, Carlyle, teilweise

auch die deutsche geschichtliche Schule (Roscher, Schmoller) wie-

der den universalistischen Standpunkt, den der Verfasser dieses

Aufsatzes neuerdings verfahrenmäßig lehrgeschichtlich soziologisch

E. Die Abgeschiedenheitslehre

Den beiden Auffassungen vom Wesen der menschlichen Ge-

meinschaft, Individualismus und Universalismus, kann in beding-

tem Sinne noch eine dritte hinzugefügt werden: die Abgeschieden-

heit. Es handelt sich hier um keine vollständige menschliche Ge-

meinschaftsidee, weil sich Staat und Gesellschaft nicht nach ihr

konstituieren könnten. Sie stellt sich aber als der Gesellschaftsbe-

griff aller Mystik dar und hat nicht nur eine gewisse allgemein

theoretische, sondern auch geschichtliche Geltung. Abgeschieden-

heit ist jener Zustand, welchen der fromme Einsiedler oder der

vom Getriebe der Welt innerlich zurückgezogene Mensch verwirk-

licht, indem er nur in Gemeinschaft mit dem göttlichen Wesen,

dem er sich hingibt, zu leben trachtet, Gemeinsamkeit mit Men-

schen und den Aufgaben ihres Lebens aber sein läßt oder auf

Äußerliches beschränkt. In der Abgeschiedenheit wird jenes Gött-

liche, das in der Menschengemeinschaft und in der Welt waltet,

1

Letzteres in meinem Buch: Der wahre Staat (1921), 4. Aufl., Jena 1938.