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Auch die ganzheitliche Auffassung des Seins muß den Substanz-

begriff anerkennen, jedoch kann sie die Aristotelische Lehrform

nicht genau übernehmen, wie schon die bisherigen Untersuchungen

zeigten. Wir heben in aller Kürze folgende Punkte hervor:

1.

Zuerst ergibt sich aus dem Begriffe der Ganzheit, daß diese

selbst Substanz ist. Denn die ausgliedernde und rückverbindende

Ganzheit ist nach Maßgabe der eigenen Ausgliederungsmacht (der

Vita propria) „selbststehendes Wesen“. Wesentlich ist aber, daß

diese Selbständigkeit nur „nach Maßgabe“ der Ausgliederungsfähig-

keit besteht, nur eine beziehungsweise, nur eine gliedhafte ist. Was

d a h e r i n b e z u g a u f s e i n e e i g e n e n G l i e d e r o d e r

„ E i g e n s c h a f t e n “

S u b s t a n z ,

s e l b s t s t e h e n d e s

W e s e n i s t , i s t i n b e z u g a u f s e i n e h ö h e r e G a n z -

h e i t s e l b e r G l i e d , s e l b e r E i g e n s c h a f t , s e l b e r

A k z i d e n s !

2.

Damit ist schon gegeben, daß der Begriff der Eigenschaften

oder Akzidenzien durchaus kein grundsätzlicher Gegensatz gegen

die Substanz ist, wie Aristoteles meinte. Denn jede Eigenschaft ist

gliedhaft und jedes Glied kann gegenüber seinen eigenen Unter-

gliedern als eine eigene Ganzheit auftreten.

3.

Die Akzidenzien sind aber zu unterscheiden (a) als Teilinhalte

1

und (b) als Eigenschaften, die aus anderen Seinsordnungen stammen.

Da sich nämlich die Ganzheiten in einen Stufenbau gliedern, sind

alle Stufen verhältnismäßig selbständige Ganzheiten (Substanzen),

ihre Beschaffenheiten oder Teilinhalte aber wiederholen sich auf

allen Stufen (zum Beispiel / „Gebären lebendiger Junge“ auf allen

Stufen der Säugetiere). Die T e i l i n h a l t e s i n d r e i n e

A k z i d e n z i e n , s i e s i n d n i e m a l s S u b s t a n z . D i e s

leuchtet ein, so daß eine nähere Ausführung hier wohl überflüssig

ist

2

. — Ferner ergeben sich aber auch aus der Gezweiung höherer

Ordnung der geistigen Ganzheiten mit der stofflichen Welt (zum

Beispiel aus der Verleiblichung des Menschen) Eigenschaften, die in

der geistigen Welt niemals Substanzen sind, dagegen wohl in ihrer

eigenen, in der stofflichen Ordnung es sein können. „Weiß“ ist am

1

Der Unterschied von Teilinhalt und Stufenbau wurde oben S. 39 f. erklärt.

Vgl. auch unten S. 281 ff.

2

Vgl. unten S. 114 f.

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