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darum lautere Wirksamkeit oder lautere Wirklichkeit ist. Sowohl

das Geschaffen-Werden wie das Schaffen ist actu, so daß das Ge-

schaffenwerden in Schaffen aufging. (5) Es ist in diesem Schaffen,

da es mit dem Geschaffenwerden zusammenfällt, kein Raum für

eine Vermittlung, am allerwenigsten für etwas Stoffliches und

Werkzeugliches.

Wie schon erklärt, beabsichtigen wir in diesem Buche nicht, eine

vollständige Gotteslehre zu entwickeln. Uns handelt es sich nur um

eine Beleuchtung der Gotteslehre vom Standpunkte unserer ganz-

heitlichen Seinslehre aus. Halten wir die eben entwickelten Unter-

schiede des Urschaffens fest, so gelangen wir zu folgender o n t o -

l o g i s c h e n Bestimmung des Gottesbegriffes.

I. Lautere Wirklichkeit

Lautere Wirklichkeit schließt Zeit und Werden aus. Aus der

ersten, einfachsten Natur des Urschaffens: wonach in ihm Geschaf-

fenwerden in Schaffen aufgeht, folgt, daß in Gott / nichts ist,

was von einem Höheren geschaffen wäre (weil ja alles in ihm mit

seiner eigenen Schöpfertat zusammenfällt); es folgt aber damit ins-

besondere: daß nichts von ehedem Fertiges, nichts vorlängst Ge-

schaffenes in Gott ist. Denn dieses vorlängst Geschaffene wäre eben

nicht selbst und aktuell Schaffendes, es würde ein verhältnismäßig

Gegenständliches (Objektivität), verhältnismäßig Unlebendiges in

Gott sein, also in ihm wie ein Fremdes, gleichsam Totes lasten. Das

aber ist unmöglich und widerspricht dem reinen Schaffen, das durch

und durch Schaffen ist. — Was von einem vorlängst Geschaffenen

gilt, gilt auch von einem erst noch zu Schaffenden. — Wäre vor-

längst Geschaffenes im Urschaffen, dann ginge dieses Schaffen von

Schritt zu Schritt weiter und jeder Abschnitt des Schaffens hätte

wie ein altes hinter sich so ein neues Schaffen vor sich. Hiermit wäre

das göttliche Schaffen aber stets unvollständig, es wären noch un-

geschaffene Möglichkeiten in ihm zurückgeblieben, was dem actus

purus widerspricht. Das göttliche Schaffen wäre noch in Entwick-

lung befindlich und es wäre Z e i t in ihm. Es wäre abermals kein

lauteres, einiges Schaffen, sondern ein diskretes, ein zerstücktes

Schaffen, ein Werden. Im lauteren Schaffen kann aber Werden nicht

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