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131

Pythagoras, Platon, Schelling!

1

— nachträglich ein Begren-

zendes, Gestaltendes, ein

„πέρας“,

hinzukommen läßt. Das wäre

allerdings eine Vereinheitlichung, aber eine denkunmögliche, die in

der Urwelt des göttlichen Seins nicht statthaben könnte. (Es könnte

nur für die nachträglich in Unordnung geratene Welt in Frage kom-

men, aber nicht für das Ursprüngliche selbst, nicht für den Ur-

Anfang

2

.)

Den einzigen Weg, der uns übrigbleibt, jene Einheit des / Sei-

enden zu begreifen, finden wir in uns selbst, in unserem Denken

(Erleben), in welchem auf alle Weise die höchste Form des Seins

und darum auch das tiefste Wesen des Seins sich uns offenbaren. Im

menschlichen Bewußtsein kann „Einheit“ nur dadurch erzielt wer-

den, daß uns das Geschaffene, das Gedachte, nicht entsinkt, sich uns

nicht als ein vorlängst Geschaffenes und ehedem Fertiges entgegen-

stellt; kurz gesagt, daß wir das Gedachte nicht „vergessen“, es

nicht aufs neue erst wieder begreifen müssen (als ein uns fremd

Gewordenes), daß es uns nicht passiv wird. Vielmehr muß uns der

gedachte Gedanke in weiteren Setzungsakten, im weiteren Denken,

zum Beispiel in einer Schlußkette, „gegenwärtig“ bleiben, tätig-

wirksam, schöpferisch-lebendig bleiben. Der e c h t e G e d a n k e

w i r d n i c h t n u r g e d a c h t , s o n d e r n d e n k t a u c h ,

e r w i r d n i c h t n u r g e s c h a f f e n , s o n d e r n s c h a f f t

a u c h , e r i s t n i c h t n u r r ü c k v e r b u n d e n , s o n -

d e r n a u c h s e i n e r s e i t s w i e d e r r ü c k v e r b i n -

d e n d , nämlich alle anderen Gedanken „in sich fassend“, sich „aus-

wirkend“, was ja erst den „Systemzusammenhang“ ergibt. Nur in-

dem uns das Gedachte auf diese lebendige Weise gegenwärtig bleibt

nicht entsinkt, eins bleibt —, ist es im weiteren Denken selber

mitschaffend; nur dadurch ist es nicht bloß geschaffen — wodurch

es uns entgegengestellt, fremd würde —, sondern auch selbst wieder

schaffend. Gerade hierin aber liegt die Einheit, liegt Bewußtsein.

B e w u ß t s e i n e r l a n g e n w i r n u r d u r c h d a s Z u -

s a m m e n f a l l e n v o n G e s c h a f f e n e m u n d S c h a f -

f e n d e m i n u n s . Zusammenfallen von Geschaffenem und Schaf-

1

Bei ihm ist das unvordenkliche Sein B durch Subjektivierung (im Natur-

prozeß) erst zu gestalten — also ein grundsätzlich verwandter Gedanke!

2

Siehe oben S. 68 den Satz: „Kosmos ist vor Chaos“.