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auch nicht ganz im anorganischen Bereiche. Dort hat Henderson,

ein exakter Naturforscher, eine analoge Erscheinung als „Eignung“

nachgewiesen

1

.

Zum Überflusse kommen wir noch darauf zurück, daß auch die

geistige Welt, so wie sie auf irdischer Ebene ist, ohne die / Gezwei-

ung höherer Ordnung mit der Materie nicht gedacht werden kann.

Das beweist der Leib des Menschen als Inbegriff seiner Sinnesorgane.

Ohne Sinnesorgane könnte die irdische Seele nicht mit den Erfah-

rungen und Kenntnissen der äußeren Welt angefüllt werden. Geist

weist auf Sinnlichkeit, zuletzt auf die stoffliche Welt. — Gerade

weil der Geist des Stoffes bedarf, kann dieser aber nicht reduzierter

Geist sein (Plotin), noch „depotenzierter Geist“ (Hegel). W ä r e

d e r S t o f f d e p o t e n z i e r t e r G e i s t , d a n n w ä r e

n i c h t e i n z u s e h e n , w a r u m d e r G e i s t s e i n e r b e -

d ü r f e . Die stoffliche Welt muß darum als Auswirkung eines an-

deren Urersten (Urprinzips), eines anderen Schaffensinhaltes, als der

Geist ist, erfaßt werden: nämlich jenes, das sich verräumlicht —

doch darüber werden wir erst in der Naturphilosophie zu sprechen

haben. Dann ist die Entsprechung zwischen beiden verständlich, da

sie als Teilordnungen e i n e r Welt erscheinen.

Daraus folgt: Keine Ganzheit der einen Ordnung vollendet sich

in irdischer Weise ohne die Ganzheit der anderen Ordnung. Darum

ist die Gezweiung höherer Ordnung U r g e z w e i u n g . — Jedoch

folgt gerade daraus auch: daß die Ordnungen zugleich in sich selbst

gegründet sind. Daher gibt es keine „Formen“ (im aristotelischen

Sinne) keine „Ideen“ (im platonischen Sinne) von rein stofflichen,

nämlich anorganischen Dingen. Die Materie hat ihre Welt von For-

men und Beschaffenheiten in sich selber, sie braucht sie nicht vom

Geiste zu beziehen und kann dies auch gar nicht. Der „Kreis“, das

„Weiße“ usw. sind Qualitäten und Gestalten, welche der sich ver-

räumlichenden Stofflichkeit selbst angehören. Der „Kreis“ ist daher

keine „Idee“, ob man dieses Wort im platonischen oder in einem

1

Vgl. Lawrence J. Henderson: Die Umwelt des Lebens, Eine physikalisch-

chemische Untersuchung über die Eignung des Anorganischen für die Bedürf-

nisse des Organischen, Wiesbaden 1914. — Eine weitere Verfolgung dieser Fra-

gen ist hier noch nicht am Orte. Sie wird in der Naturphilosophie geschehen.

Vgl. unten Fünftes Buch, S. 305 ff. und 384 ff.