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sich, sondern nur eine bestimmt beschaffene, überall verschiedene,

einmalige. Es gibt weder Stoff an sich (Aristoteles, Platon), noch

leeren Raum, Raum an sich (Atomistiker). J e d e r R a u m h a t

u n w i e d e r h o l b a r e B e s c h a f f e n h e i t e n .

Damit haben wir das Einmalige und Nicht-Umkehrbare der Na-

turvorgänge nicht bloß gefordert, sondern verständlich gemacht.

Ohne dieses Ziel erreicht zu haben, bleibt jede Naturphilosophie ein

Bruchstück. Die Atomistik und die klassische Mechanik, die nur be-

wegte Teilchen kennt, kann die Nicht-Umkehrbarkeit der Natur-

vorgänge (Entropiesatz) im Grunde nicht erklären, denn das Her

und Hin der Bewegung ist gleich.

Überhaupt macht nun die B e w e g u n g von Massen im Raume

nicht das Erste der stofflichen Natur aus. Bewegung ist jetzt eine

abgeleitete Erscheinung, die erst auftreten kann, wenn die ganze

ungeheuer mannigfaltige stofflich räumliche Welt schon da ist und

s i c h ä n d e r t . Daß diese Welt als Ergebnis der Verräumlichun-

gen und Wechseldurchdringungen nicht das Bild starrer Ruhe und

Unbeweglichkeit bieten wird und kann, liegt klar am Tage. Aber

die Bewegung wird sich nun ihrerseits erst aus den qualitativen

Änderungen ableiten müssen. Die Physik der Bewegung im Raume,

die vorzugsweise „Mechanik“ heißt und ist, darf daher nicht die

Grundlage aller Physik bilden. Jede tiefere Naturphilosophie hat

bisher darnach gestrebt, die mechanische Bewegung als eine abge-

leitete, nicht als eine ursprüngliche Erscheinung der stofflichen Welt

darzustellen

1

.

Nach dieser Auffassung des Stoffes als Verräumlichung eines an sich raum-

losen Qualitativen darf man das Entstehen der Materie nicht, / wie es in Leib-

nizens „Monadologie“ geschieht, in der Weise versinnbildlichen, daß man das

Stoffliche mit „Blitzen“ vergleicht, die von den an sich unräumlichen Monaden

ausgesendet würden. Denn mit einem solchen Bilde ist der Übergang von dem

Unräumlichen in das Räumliche noch nicht gezeigt. (Schon in einem anderen

Zusammenhang ergab sich, daß die bloße Richtung nach außen n i c h t das

Wesen der Verräumlichung ist.) „Blitze“ könnten erst ausgeschleudert werden,

nachdem die Verräumlichung bereits stattgefunden hat. Auch ist mit einem sol-

chen Bilde nicht verständlich gemacht, in welchem Sinne ein Vorstoffliches das

Prius der Verstofflichung bilden könnte. Nach unserer Auffassung dagegen ist

1

Einzig die Kontinuitätsphysik hat dieses Ziel auch methodisch erreicht,

indem ihr die Bewegung eine Qualität des Feldes ist. Vgl. dazu Erwin Lohr:

Atomismus und Kontinuitätstheorie in der neuzeitlichen Physik, Leipzig 1926,

S. 64 f.