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dem Geistigen ableiten, wie wir früher wiederholt hervorhoben. Es

ist darum eine unmögliche Aufgabe, zu begreifen, wie der Geist in

das Räumliche heraustrete, weil der Geist diesen Schritt niemals tut.

Der Geist tritt nicht in das Räumliche heraus, er schaut es an.

W e s e n h e i t e n a n d e r e r A r t a l s d e r G e i s t s i n d

e s , d i e s i c h v e r r ä u m l i c h e n !

Vergleicht man diese Erklärung des Raumes als einer ontologischen Urtat-

sache mit der subjektiv-apriorischen

1

und der dynamischen

2

, so wird man

finden, daß die ontologische überall im Vorteile ist. Gegenüber der apriorischen

dadurch, daß sie das Unnatürliche der Subjektivität vermeidet, und aus Gründen,

die im Ganzen des Systems liegen. Gegenüber dem D y n a m i s m u s

3

ist sie

insofern im Vorteile, als sie nicht nötig hat, das vorauszusetzen, was sie erklären

soll. Indem nämlich der Dynamismus den Raum aus Kräftewirkungen, den bei-

den Grundkräften der Anziehung und Abstoßung, erklärt, begeht er den

Fehler: (1) den Raum, der erklärt werden soll, vorauszusetzen, da er in die

Wirkungsweise der Kraft verlegt wird; und (2) den Raum aus einer durchaus

mechanischen Voraussetzung, nämlich mechanisch wirksamen Kraft, zu erklären,

wodurch der Raum von Anbeginn rein mechanisch aufgefaßt wird. Es kann aber

zuletzt nichts in der Welt geben, das seinem Wesen nach ganz und gar mechanisch

wäre.

Ist der Raum eine ontologische Urgegebenheit, dann können auch

seine d r e i A b m e s s u n g e n o d e r D i m e n s i o n e n Länge,

Breite und Tiefe (Linie, Fläche, Körper) niemals abgeleitet werden,

wie dies gelegentlich versucht wurde.

Hegel versucht es dialektisch, indem er den drei Arten des Be-

griffes — allgemein, besonders, einzeln — die drei Abmessungen

entsprechen läßt. „Die Notwendigkeit, daß der Raum gerade drei

Dimensionen hat . .. beruht auf der Natur / des Begriffs . . .“

4

Es

wird aber nicht gezeigt, wie diese drei Begriffsweisen in drei Raum-

weisen übergehen sollen.

Eine ontologisch-metaphysische Ableitung, die aber nicht zur vol-

len Klarheit kam, versucht Schelling

5

.

1

Siehe oben S. 357 f.

2

Siehe oben S. 310 ff.

3

Siehe oben S. 312 f.

4

Vgl. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grund-

risse, in 2. Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson, Leipzig 1905, § 255,

auch 256 (= Philosophische Bibliothek, Bd 33). — Dazu Friedrich Adolph Tren-

delenburg: Logische Untersuchungen, Bd 1, 3. Aufl., Leipzig 1870, S. 229 f.

5

Schelling: Einleitung in die Philosophie der Offenbarung, Sämtliche Werke,

Abt. Il, Bd 1, 19. Vorlesung, Stuttgart 1856, S. 433 ff.