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sam das Geistige in der Welt des Räumlichen, dasjenige, was das

bloße Neben- und Außereinander der Raumteile überwindet.

Ist der Gesamtraum Ergebnis der einheitlichen Gesamt-Dingwelt,

dann ist er — das muß als entscheidend festgehalten werden —

durchaus kein leerer Raum, kein „Raum an sich“: R a u m h a t a n

u n d f ü r s i c h s e l b s t k e i n e W i r k l i c h k e i t u n d

i s t a n u n d f ü r s i c h s e l b s t k e i n W e s e n

1

. Für einen

Raum, der ein leerer Behälter aller Dinge wäre, ist in keiner Natur-

philosophie Platz, die von der Gesamteinheit der Natur ausgeht.

Lediglich die Atomisten daher müssen sich zu der widersinnigen

Annahme eines Raumes als Behälters entschließen, eines leeren Rau-

mes, der für sich denkbar sein soll und in den die Atome dann

hinterdrein hineingehen. Gäbe es aber einen Raum als eigenes

Wesen, dann wäre für ihn eine eigene Mitte (Zentrum) nötig, von

der aus seine Setzung erfolgen könnte. Eine solche eigene Mitte wird

aber niemand im Raume an sich (leer = eigenschaftslos = mitte-

los) nachweisen können. — Auch ist dieses Unterfangen aus folgen-

dem weiteren Grunde widerspruchsvoll. Gäbe es eine eigene Mitte

des Raumes (der Raum wäre dann nicht subjektlos!), so müßte es

daneben noch eine eigene Mitte der Dinge geben, die sich aber nicht

selbst setzen könnten, sondern ihre Räumlichkeit von der Mitte des

Raumwesens borgen müßten! A b e r m a n s t e l l t d o c h d i e

D i n g e , w e n n s i e i n d e n l e e r e n R a u m h i n e i n

g e h e n , s e l b e r s c h o n r ä u m l i c h v o r ! Hält man dies

fest, dann müßten sich / nach dieser Ansicht (1) die Dinge selbst ver-

räumlicht haben und (2) der Raum sich selbst gesetzt, selbst aus-

gedehnt haben, damit die Dinge nachträglich in ihn hineingehen

können. Es müßte also Raum in Raum hineingehen oder enthalten

sein — und das alles ist gleich widerspruchsvoll. Endlich: Wer sollte

es sein, der einen Raum an sich, ohne ein Ding setzte? Dieses Wesen

wäre ein Nichts. Also auch keine ausgliedernde Mitte, kein Etwas.

Auf keine Weise können wir uns ein eigenschaftsloses, „leeres“

Etwas denken, das sich als Räumlichkeit schlechthin darstellte. Not-

wendig müssen wir Licht, Schwere, Elektrizität, chemisches Element,

1

Ist der Raum kein eigenes Wesen, dann „ i n h ä r i e r t “ er auch nicht

den Dingen, wie man wohl glaubte (Anton Marty und andere). Nur ein selber

Reales könnte „inhärieren“, zum Beispiel „Weiß“ dem Menschen. Als V e r -

r ä u m l i c h e n von Eigenschaften ist er vielmehr eine Bestimmtheit dieser.

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