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gen vollkommen hergestellt sind. Dem reinen Begriffe nach ist da-

her vollkommene Ausgliederung zeitlos. Anders die Umgliederung.

Die Ganzheit, die sich in Umgliederung befindet, ist zeitlich u n -

g e s c h l o s s e n . Sie kommt mit einem bestimmten Sacherforder-

nis der Umgliederung zur Welt. Eine ganz bestimmte Umgliede-

rung, wie sie z. B. in der Ernährungsnotwendigkeit des Neugebo-

renen sich darstellt, ist das Gebot der Stunde. So auch die Schluß-

kette, die noch nicht zu Ende gedacht ist; so auch das Gefühl, das

sich noch nicht ausgewirkt hat; so auch der Geist als Ganzes in der

Geschichte, z. B. in der Geschichte der Wissenschaft, wo die jeweilige

Lage der Denkaufgaben — die „Problemlage“, „Problemfolge“ —

bestimmt, was an der Zeit ist, also eine ganz bestimmte Umgliede-

rung erheischt; ähnlich auch in der Stilentwicklung; ähnlich in der

Staatengeschichte. Überall, wo der Geist gegründet in die Welt /

tritt, tritt er mit einem bestimmten Sacherfordernis der Umgliede-

rung, der zeitlichen Weiterbildung auf. Die fortgesetzte Auferwek-

kung durch Gezweiung ist es, was seine Umgliederung in Gang

bringt, aber der Inhalt ist im Sachgehalte der Ganzheit wesensgemäß

vorgeschrieben.

Gesetzt nun, es geschehe die Umgliederung auf vollkommene

Weise — ohne Krankheit, ohne Irrtum, ohne Böses — dann steht

zwar jede Setzung in reiner, ungetrübter zeitlicher Entsprechung zu

den bisherigen Setzungen; erheischt aber ihrerseits wiederum zukünf-

tige Setzungen von richtiger, reiner Entsprechung. D i e s e U n g e -

s c h l o s s e n h e i t d e r E n t s p r e c h u n g e n i s t d e r

A n r e i z z u w e i t e r e n S e t z u n g e n . Überall sehen wir denn

auch in der Erfahrung die Ungeschlossenheit als Stachel des Lebens

wirksam. Wo dagegen das Satte, Fertige ist, dort fehlt der schöpfe-

rische Trieb, sei es im Geistigen, sei es im Körperlichen. Diesen Um-

gliederungsgrund, der in dem R ü c k w ä r t s z e i g e n u n d V o r -

w ä r t s t r e i b e n d e r u n g e s c h l o s s e n e n E n t s p r e -

c h u n g s f o l g e n liegt, können wir auch kurz die „schöpferische

Entsprechung“ nennen. Die stetige, ungestörte Entsprechungsabfolge

zeigt hier reines Schöpfertum nach Weise der Vollkommenheit. Das

Ungeschlossene ist das Schöpferische. Das Unzulängliche ist hervor-

bringend.

Rein entfaltende Schöpferkräfte, die nur den vollkommenen

Umgliederungserfordernissen entsprängen (also nicht, wie wir hier