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Ausgliederung besteht. Das heißt zur Ungeschlossenheit der zeit-

lichen Entsprechungsfolge kommt noch die Ungeschlossenheit der

systematischen Entsprechung hinzu. Der Ungeschlossenheit der rein

zeitlichen Entsprechungsfolge gedachten wir früher im Beispiele der

richtigen (vollkommenen), aber noch nicht zu Ende geführten

Schlußkette. Als richtige ist sie eine Ausgliederung mit vollkomme-

nen Entsprechungen in sich. Aber sie ist zeitlich ungeschlossen, noch

der Umgliederung (hier des Zuendedenkens) bedürftig. Aus dieser

U n g e s c h l o s s e n h e i t d e r U m g l i e d e r u n g nimmt sie

ihre Schöpferkraft. Wäre nun in der Schlußkette ein Fehler, dann

wäre der Bau der Schlußglieder nicht mehr in reiner Entsprechung

geschlossen, es wäre eine Mißentsprechung da, etwas Offenes, Un-

geschlossenes: die Ungeschlossenheit der Ausgliederung tritt zu jener

der Umgliederung hinzu, die systematische (dem Bereiche der Un-

vollkommenheit angehörige) Ungeschlossenheit tritt zur zeitlichen

(an sich dem Bereiche der Vollkommenheit angehörenden) Un-

geschlossenheit hinzu. — Diese zweifache Ungeschlossenheit ist es,

welche die Spannung kennzeichnet. Das Ganze will durch die Span-

nung nicht nur umgegliedert, es will auch in den inneren Unstim-

migkeiten seines Gliederbaues berichtigt werden. Das W u n d e r

d e r G e s c h i c h t e , d i e U r g n a d e , d i e G o t t d e m

M e n s c h e n v e r l i e h , i s t : d u r c h d i e U n g e s c h l o s -

s e n h e i t d e s F e h l e r s , d e r U n v o l l k o m m e n h e i t ,

d e r S ü n d e n i c h t v e r n i c h t e t , s o n d e r n i n s e i n e r

S c h ö p f e r k r a f t s o g e s t a l t e t z u w e r d e n , d a ß

d i e s e s i c h a l s Spannung s o w o h l a u f d i e Ü b e r w i n -

d u n g d e r s a c h l i c h e n U n g e s c h 1 o s s e n -

h e i t w i e a u c h d e r z e i t l i c h e n U n g e s c h 1 o s -

s e n h e i t r i c h t e t .

/

Daraus erkennt man abermals, daß die Spannung keineswegs ur-

sprüngliche Schöpferkraft besitzt, daß nicht ein Widerspenstiges, Un-

ganzes, Widersprechendes letzter und ursprünglicher Anreiz, Schöp-

fer des Lebens ist. Von Heraklit bis zu Schelling und Hegel ver-

mochte diese Ansicht vom Kriege als dem Vater aller Dinge niemals

ausreichend begründet zu werden. Obgleich es billig ist zuzugeste-

hen, daß die äußere Erfahrung der Geschichte, da es in ihr das Rein-

vollkommene nicht gibt, dafür spricht. Stellt man aber das Rein-

vollkommene des Geistes in Gedanken her, dann erkennt man das