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wohnt: das Denken in für sich betrachteten, abgelösten Einzelwesen

und Einzeldingen, das atomistische Denken. Man muß darüber hin-

wegkommen, die Einzelwesen wegen ihrer räumlichen Getrenntheit

als voneinander unabhängig bestehend, als selbständig für sich seiend

zu denken.

Das leiblich-organische Leben sogar des Einzelwesens selbst be-

ruht schon darauf, daß der „Lebensgeist“ oder die „ernährende und

empfindende Seele“ (wie Aristoteles sie nennt) über die räumliche

Getrenntheit der einzelnen Zellen, Organe und Organgruppen hin-

weg arbeitet, bildet und wirkt. So auch über die Einzelwesen hin-

weg! Sollte für das, was in sich selbst nicht räumlich, sondern ein

„Überall“, eine „Einheit“ ist, die räumliche Trennung zwischen den

Individuen nicht überwunden werden können? Wie die Organe und

Zellen in unserem Körper, so auch offensichtlich z. B. die einzelnen

Bienen, Ameisen, Termiten, Biber in ihrem Stocke oder Bau. So aber

auch die Gattungen in allen ihren Einzelwesen, so auch die Gattung

Mensch in den einzelnen Menschen, so das Gesamtleben im gesam-

ten Stockwerkbau der Gattungen und Arten!

Man staunt über Bienen, Ameisen und Termiten. In Wahrheit leben alle

Tiere in abgeschwächter Weise wie Bienen, Ameisen und Termiten, da sie alle

in Gesellschaften Vorkommen, mögen diese noch so / kärglich ausgebildet, noch

so vorübergehend sein (Brunftzeit). Und sind im äußersten Sinne nicht sogar

die Pflanzen an eine gewisse Gesellschaftlichkeit der Natur gebunden? Ohne

Spuren von Gezweiung gibt es nicht einmal mineralisches und physiologisches

Leben, geschweige denn geistiges. Der Grund für die ü b e r r ä u m l i c h e

E i n h e i t d e s L e b e n s ist auch durchaus einzusehen. Das Leben ist nichts

anderes als abgeschwächter Geist — jene Seite, Richtung, Tätigkeit des Geistes

nämlich, die er in der unmittelbaren Verbindung mit der stofflichen (materiellen)

Welt ausübt (welche Verbindung in den immateriellen Wurzeln der Materie

als „Gezweiung höherer Ordnung“ geschieht). Da nun der G e i s t d e r

M e n s c h h e i t z u l e t z t e i n e G e s a m t h e i t i s t , s o s i n d a u c h

d i e Ä u ß e r u n g e n d e s L e b e n s e i n e E i n h e i t — nicht nur jene

Äußerungen, die in der Gesamtheit aller einzelnen Menschen als körperlicher

Lebewesen sich kundgeben, sondern noch dazu jene, die in der Gesamtheit aller

Lebewesen, der Tiere sowohl wie der Pflanzen sich kundgeben; und a l l e s

d a s i n d e r G e s a m t h e i t d e r Z e i t e n .

Auch die Einheit der stofflichen Welt, des physischen Kosmos folgt daraus.

Denn wenn auch die Stofflichkeit in ihren immateriellen Wurzeln ein (verhält-

nismäßig) eigenes Dasein hat und auf einer eigenen Ebene des Seins liegt (als

eine Welt, die sich verräumlicht, während der Geist sich niemals verräumlichen

kann); so sind dennoch beide aufeinander hingeordnet. Der Geist hat Unter-

schiede, Differenzen, Spannungen in sich, die zuletzt in der stofflichen Welt

ihre äußerste Entsprechung finden. D a h e r i s t d e r S t o f f n i c h t s e l b s t