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leeren Raume aus die Eigenschaften abzuleiten, zeigt gerade

das Mißlingen dieses Versuches in der Naturphilosophie Schel-

lings.

Man muß vielmehr den umgekehrten Weg gehen: vom Vor-

räumlichen durch die Eigenschaften der sich verräumlichenden

Wesenheiten oder Dinge hindurch zur Räumlichkeit.

Hier ist zuerst die grundsätzliche Unräumlichkeit des Geistes

zu bedenken. Aus der vorhin betrachteten Tatsache, daß der

Geist unräumlich ist, daß er daher nicht in Raum übergehen, sich

nicht verräumlichen kann, ergibt sich die entscheidende Folge-

rung: Der G e i s t s e l b s t k a n n n i c h t i n N a t u r

ü b e r g e h e n ; n u r s o l c h e W e s e n h e i t e n o d e r

M ä c h t e b i l d e n d i e l e t z t e G r u n d l a g e d e r N a -

t u r , d e r e n E i g e n t ü m l i c h k e i t u n d U r t a t e s

i s t , s i c h z u v e r r ä u m l i c h e n

1

. Es sind wohl vorstoff-

liche, überstoffliche, immaterielle Wesenheiten, die in der Natur

zur Erscheinung kommen, aber nicht solche, die denken, die Geist

sind, sondern solche, die sich verräumlichen.

/

Ist dieser Gedankengang gültig, und die folgenden Unter-

suchungen werden ihn tausendfach bewähren, dann erweist sich

der Raum nicht als das Erste, sondern als das Letzte, das Ende

der Natur, als das, worauf zuletzt in der Natur alles angelegt ist.

Nicht nur die immateriellen Naturgrundlagen, die Wesenheiten,

die sich verräumlichen, gehen dem Raume logisch voran, sondern

auch die Naturbeschaffenheiten (z. B. Wärme, Magnetismus).

Denn in diesen spricht sich die Eigentümlichkeit der sich ver-

räumlichenden Wesenheiten aus.

Hiermit ist das Geistartige, das Immaterielle der Natur, auf

das es Schelling mit Recht zuerst ankommt, gerettet; ebenso der

Dingbegriff, den zu begründen sich unüberwindliche Schwierig-

keiten ergeben, wenn die dinglichen Eigenschaften nachträglich

zum Raume hinzukommen sollen. Desgleichen aber auch das

verhältnismäßig Immaterielle der Naturbeschaffenheiten (Quali-

täten) selbst, die dagegen als bloß nachträgliche Bestimmtheiten

der Räumlichkeit nicht anders als durch Mengen und Größen zu

bestimmen wären. Denn aus der Räumlichkeit an sich könnten

1

Vgl. Näheres hierüber auch: Der Schöpfungsgang des Geistes. Jena 1928,

S. 177ff. und 355ff., und unten S. 50ff., 65ff., 69, 73 und öfter.