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(
πάνδημον
)
, einen himmlischen (ούράνιον) und als dritten die Sonne
(ήλιον). Das heißt also, das schöpferische Prinzip der Sonne stand
zwischen himmlischer und irdischer Schöpferkraft, wobei die Schöp-
ferkraft als Liebeskraft gefaßt wurde; wie ja auch die christliche
Religion lehrt, Gott habe aus Liebe die Welt geschaffen
1
. — Die-
selbe Denkweise kommt auch in allgemeiner Weise in der plato-
nischen Ideenlehre zur Geltung, kann also nicht befremden: die
Idee verkörpert, konkretisiert sich in der Materie, also in einer
tieferen Stufe.
Nur das atomistische Denken der Neuzeit, welches das wahre
Weltgefühl zugrunde richtet, kann an dem Stufenbau etwas Be- /
fremdliches finden; für die lebendige, ganzheitliche Auffassung ist
er selbstverständlich.
Blickt man auf das einzelne der Hesiodischen Gliederungen, so
scheint es uns klar, daß es sich dabei um gesunkenes Kulturgut, um
nicht mehr ganz verstandene, getrübte Lehren alter Mystik handle.
Aber R a n g f o l g e , G e n e r a t i o n e n f o l g e , W i e d e r h o -
l u n g d e s O b e r e n a u f d e n u n t e r e n S t u f e n — das
sind grundsätzliche Erscheinungen, die ihren Sinn behalten.
Z u s a t z ü b e r d i e Z w ö l f g ö t t e r
Es ist auffällig, daß die mit Zeus zusammen geborenen Kroniden den Kern
der späteren, etwas rätselhaften sogenannten Zwölfgötter bilden. Nach einer
älteren Arbeit von A h r e n s
2
gibt W e i n r e i c h folgende vier genealogische
Gruppen der zwölf Götter:
Zeus, Poseidon, Hades
= drei Kronossöhne,
Hermes, Hephaistos, Apollon
= drei Zeussöhne,
Hera, Demeter, Hestia
= drei Kronostöchter,
Artemis, Aphrodite, Athena
= drei Zeustöchter.
Weinreich fügt hinzu: „Diese Theologie stammt aus keinem Kult, stimmt
auch mit keinem sonstigen Verzeichnis oder Monument überein, sondern beruht
auf Platons Nomoi. . .“
3
1
Vgl. dazu Eduard Roth: Geschichte unserer abendländischen Philosophie,
Bd 1, 2. Aufl., S. 67 f. der Anmerkungen.
2
Heinrich Ludolph Ahrens: De duodecim deis Platonis, Hannover 1864, S. 4.
3
Otto Weinreich: Artikel Zwölfgötter, in: Roschers Lexikon der griechischen
und römischen Mythologie, Bd 7, Leipzig 1924—27, S. 841.