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tant des Gottes Vayu (Wind), die zweite durch das Feuer, nach demselben der

Repräsentant des Gottes Agni, die dritte durch eine Gans, Repräsentant des Got-

tes der Sonne, Aditya und die vierte durch einen Tauchervogel, Repräsentant des

Gottes Prâna, das ist der Gott der Lebenshauche.

Es ergibt sich dann folgende Übersicht:

1.

Vayu (Windgott): die vier Weltgegenden, der „ W e i t e n h a f t e “ nach

Deussen; oder der „Glänzende“ nach Scherman;

2.

Agni (Feuergott): die Welt der vier Elemente: Erde, Luftraum, Himmel,

Meer (Erde, Luft, Äther, Wasser), das „ E n d l o s e “ ;

3.

Aditya (Sonnengott) die Lichtwelt: Feuer, Sonne, Mond, Blitz, das

„ L e u c h t e n d e “ ;

4.

Prâna (Gott der Lebenshauche): die lebendige Welt als Lebenswelt des

menschlichen Selbst gefaßt: der Atem, das Auge, das Ohr, der Geist (Mana), /

„ d e r ( i m S e l b s t ) e i n e H e i m a t H a b e n d e " o d e r „ S t ü t z e n -

h a b e n d e " .

Vergleicht man beide Zusammenstellungen, so findet man keine

grundsätzlichen Unterschiede, sondern die vorhandenen Unter-

schiede hängen mit der verschiedenen S t u f e , auf der die betref-

fende Gottheit erscheint, zusammen. Agni ist in der ersten Zusam-

menstellung

1

als g e i s t i g e s Feuer aufgefaßt und daher der Rede,

welche eine Äußerungsform der Vernunft ist, zugeordnet, Vâyu dem

Lebensatem oder Lebenshauch, das ist prâna, Aditya dem Licht der

Sinnesempfindung (nicht dem kosmischen Licht). Dagegen sind in

der zweiten Zusammenstellung sowohl Vâyu wie Agni wie Aditya

auf rein k o s m i s c h e r Stufe aufgef aßt. Vâyu ist nicht der Le-

bensatem (prâna), sondern die Weltgegenden, Agni nicht das Gei-

stesfeuer (Rede, Sprache, Denken), sondern die den vier Elementen

zugrunde liegende „Energie“, wie wir in der Terminologie der heu-

tigen Physik sagen würden, Aditya nicht das empfundene Licht

(des Auges), sondern das kosmische Licht des Feuers, der Sonne,

des Mondes und des Blitzes; daher ist dann Prâna als göttlicher

Lebenshauch des menschlichen Selbst (das zugleich das göttliche

Selbst ist oder zur Grundlage hat) Atem, Auge, Ohr und Denk-

welt, das heißt Leben und Geist.

Die beiden Ableitungen der Gottheiten aus dem in der Welt sich

darstellenden Brahman widersprechen sich also nicht, sie entsprechen

sich vielmehr!

Beide zeigen aufs deutlichste, wie die Gottheiten als Teilmächte

des organisch-geistigen und des kosmischen Lebens aufgefaßt

werden.

1

Chandogya-Upanishad III, 18, 2.