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[494/495]

F . R e c h t u n d M a c h t .

D i e E i n h e i t d e s W a h r e n u n d G u t e n

D a s grundsätzliche Verhältnis von Recht und Macht ist bereits

durch die Klärung der Begriffe „Satzung“ und „Gewalt“ sowie des

Begriffs der Herrschaft klargestellt

1

.

Das Wesen von Gewalt, Herrschaft, Macht sahen wir nicht in

p s y c h o l o g i s c h e r

u n d

m e c h a n i s c h e r Zwangsan-

wendung, die ja von i n n e r e r G ü l t i g k e i t u n a b -

h ä n g i g w ä r e , sondern in der geistigen, der inneren Gültigkeit,

dessen, was herrscht.

Die Schwierigkeit dieses Standpunktes liegt nun darin, daß eine

bloß theoretische Gültigkeit des Rechten und Guten dann wertlos

ist, wenn sie niemand anerkennt, wenn das Gültige nicht wirklich

zu werden vermag. Daher das Schlagwort „Zum Recht gehört

Macht“ oder „Das Recht muß im W i l l e n der Beteiligten ver-

ankert sein“. Beide Schlagworte sind abzuweisen. Das erstere denkt

die Macht als bloße mechanische Stärke, die grundsätzlich neutral

ist und zum Guten wie zum Bösen gleich sehr zwingen kann. Das

letztere ruht auf demselben Gedanken, sieht im „Willen“ der

Rechtsbürger die Machtform und führt diesen Willen zu dem in-

dividualistischen Unbegriff der Volkssouveränität hinaus.

Der reine Machtbegriff ist machiavellistisch; der Begriff des Wil-

lens und schließlich des Volkswillens, als der letzten Rechtsmacht, ist

naturrechtlich-demokratisch.

/

In beiden Fällen wird Macht dem Recht gegenübergestellt (auch

die Volkssouveränität kann grundsätzlich unrecht, machiavellistisch

handeln) — als zwei wesensverschiedene, je nach Zufall feindliche

Dinge.

Um in dieser Frage recht zu sehen, muß man wissen, daß das

Gültige überhaupt — sei es das logisch Gültige, sittlich und rechtlich

Gültige, künstlerisch Gültige, metaphysisch Gültige — nicht in der

Luft hängt, sondern vielmehr das Entscheidende für sich hat: daß es

dem Wesen der Sache entspricht, daß es dem L e b e n s e r f o r -

d e r n i s d e r A u s g l i e d e r u n g entspricht, daher stets und

notwendig w e s e n h a f t G ü l t i g e s ist.

1

Vgl. oben S. 2 89 ff.