Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3337 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3337 / 9133 Next Page
Page Background

[216]

307

Aus (2) folgt, daß Natur- und Geistesbetrachtung nach Weise

jener Vermittlungen, also entweder auf Grund der Ideenlehre oder

auf Grund des dialektischen Verfahrens, und zwar nicht nur philo-

sophisch-entwerfend, sondern auch einzelwissenschaftlich-zerglie-

dernd, vorgehen muß. Tatsächlich haben Ideenlehre und Dialektik

mächtig in die Einzelwissenschaften eingegriffen. Die Ideenlehre be-

stimmte das Verfahren der Wissenschaft bis Galilei. Schelling rühmte

sich einst mit Recht, durch seine (dialektische) Naturphilosophie

naturwissenschaftliche Entdeckungen vorausgesagt zu haben.

D a s , w a s w i r d i e „ V e r m i t t l u n g e n “ g e n a n n t

h a b e n , g i b t d e n S y s t e m e n n o t w e n d i g d i e F o r m

— und diese Form ist zugleich innig verbunden mit dem Inhalte.

Darum hat jede idealistische Philosophie als letzten systembilden-

den Urbegriff: das Übersinnliche in seiner Eigenschaft als schaffenden

Grund des Sinnlichen. Demgemäß ist für die Systembildung zu un-

terschreiben:

(1)

Der Begriff des Übersinnlichen (der zuletzt Gottesbegriff ist);

(2)

der Begriff der Vermittlungen, durch welche das Übersinn-

liche oder Absolute in Erscheinung tritt oder zum Bedingten, Ge-

schaffenen, Sinnlichen in ein Verhältnis tritt, sei es in welcher Art

immer;

(3)

der formelle Anfangsbegriff, mit dem die Entwicklung des

Begriffszusammenhanges eröffnet wird

1

.

Verdeutlicht man sich diese Unterscheidungen zuerst an P l a -

t o n , dann finden wir: (1) das Übersinnliche oder die „Idee des

Guten“ als A b s o l u t e s , insofern es „jenseits des Seins“ liegt

und auch jenseits der Ideenwelt, der es erst Sein und Wesen gibt.

2

Dieses Absolute wird, dem Sinne der geringen Andeutungen nach,

als a b s o l u t e r G e i s t gefaßt

3

, (2) Die I d e e n w e l t , wel-

che insofern ein System von Vermittlungen darstellt, als erst durch

1

Später habe ich zu diesen Elementen der Begriffsgestaltung noch hinzugefügt:

innere Voraussetzung der Grundbegriffe, das heißt die

Eingebungsgrundlage,

auf welcher die systemgestaltenden Gedanken beruhen (zuletzt ist das das

Grunderlebnis sinnlicher oder übersinnlicher Natur der Erfahrungsinhalte); und

die

Folgerichtigkeit oder Fehlerhaftigkeit

der begrifflichen Durchführung (vgl.

mein Buch: Philosophenspiegel, 1. Aufl., Leipzig 1933, S. 6 ff. [2. Aufl., Wien

1949, S. 19 ff.]).

2

Platon: Staat, p. 509 b und öfters.

3

Platon: Staat, p. 517 b und p. 597 b ff.; Phaidros p. 247 c; Phaidon p. 80 a f.

20

*