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und, / als das Wachs schmolz, ins Meer hinabstürzte. So vermeinte
sich auch der Mensch auf den Flügeln technischer Fortschritte in den
Himmel zu erheben. Doch nun, da das Wachs der Einbildung
schmolz, sieht er sich tief in die Materie hinabgestürzt, in deren
Chaos er zu versinken droht.
Sieger wie Besiegte wurden an der Absolutheit der äußeren
Werte irre und erkennen deren bloß periphere Bedeutung für die
Aufgabe und den Sinn des Lebens.
Der Mensch lernt wieder Äußeres und Inneres unterscheiden und
die grundsätzliche Verschiedenheit der Richtung verstehen, die beide
dem Leben geben.
Das Äußere des Menschen drängt nach der Welt, sein Innerstes
ruht in Gott.
Wird der Mensch dieses innersten Ruhepunktes inne, so tut er
damit einen Blick in die höhere Welt. Er erlangt etwas von jenem
mystischen Wissen, von dem Meister Eckehart sagt, es sei die un-
bedachte Wahrheit, die gekommen ist aus dem Fierzen Gottes, ohne
Mittel. Es lenkt den Menschen in neue Bahnen und macht ihn fähig,
den Preis des Lebens zu erringen.
Im Frühjahr 1946
Othmar Spann