166
bar ist; daß aber insbesondere im Begriffe der Dinge selbst sich die große Schwie-
rigkeit einstellt, sie als Versammlungsort der Ideen betrachten zu müssen, wenn
sie ihre Eigenschaften durch Teilnahme an verschiedenen Ideen, oder durch
das ,Band‘ der verschiedenen Ideen, erlangen sollen; wir fanden endlich, daß die
Würde und verhältnismäßige Selbständigkeit der Einzelwesen, darunter auch
des Menschen, auf dem Grunde aller dieser Begriffe, insbesondere der Teilnahme,
nicht zu retten sei und die Dinge sowohl hinfällig bleiben wie in einer solchen
Weise unvollkommen, daß die Materie, die in diesem Begriffszusammenhange
angenommen werden muß, es nicht gestattet, das Vorbild, das die Idee den
Dingen bietet, zu erreichen; wir fanden endlich, was allerdings in der Kritik des
Aristoteles nicht hervortritt, daß die Auffassung der Ideen als das bloß Allge-
meine die Erkenntnis nicht vollständig erklären kann, da es nicht wahr ist, daß
die Wissenschaft nur auf das Allgemeine ginge, sie hat vielmehr auch das
unwieder-holbare Einzelne zu ihrem Gegenstande“ (Bd 10, 423).
Überdies führe die Auffassung von der bloßen Einwohnung der
Ideen zum Pantheismus. Denn es würde nach dieser Auffassung
doch die Idee im Ding untergehen, und damit ginge auch der wahre
Substanzbegriff unter.
Diese tiefschürfende Kritik wird natürlich in Spanns eigener
Ideenlehre verwertet. Spann stellt diese in seinem Werk „Schöpfungs-
gang des Geistes“ aus dem Jahre 1928 dar. Zwischen ihr und der
Platonischen Ideenlehre ergeben sich bedeutende Unterschiede, wenn
auch jene eine bewußte Fortbildung dieser ist. Diese Unterschiede
sind im Folgenden dargestellt.
A. T r a n s z e n d e n z u n d I m m a n e n z
Wohl haben schon die „Realisten“ des Mittelalters sowohl die
Transzendenz als auch die Immanenz der Ideen behauptet (Uni-
versalia ante res et in rebus). Sie konnten aber die Präsenz der Ideen
vor und in den Dingen nur additiv nebeneinanderstellen und keine
begriffliche Lösung finden, die diese Behauptung einsichtig macht.
Die Scholastik fiel daher immer mehr auf die aristotelische Auffas-
sung zurück und verlor bald den Kampf gegen den Nominalismus,
der den Ideen keinerlei ontologische Qualität, weder in den Dingen
noch vor den Dingen, zugestand, sondern höchstens eine formal-
logische (universalia post res) gelten ließ. Für ihn waren die Uni-
versalien bloße Gedankengebilde.