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schreckte Bewußtsein ist der Kern des romantischen Wesens. Und

darum ist die Romantik, obzwar eine reinste Blüte deutschen Geistes,

zugleich etwas allgemein Menschliches, das auch in der griechischen

wie in jeder wahren und höchsten Kunst / anzutreffen ist. (Gotik!

Oedipus des Sophokles!) Es ist tiefinnere Unmöglichkeit, sich mit der

Nichtigkeit des Individuums, mit dem Blinden und Bösen in der Welt

gänzlich auszusöhnen. Da ist der Tod, da ist das Schicksal —

unbezwingliche Schauer, nie vollkommen beschwichtigte Zweifel an

der Aufgehobenheit, am Sinn des Lebens lassen eine gewisse

schmerzliche Bewegung im romantischen Herzen entstehen und

niemals vollkommen zur Ruhe kommen.

Wahrhaft romantisch ist daher alle Kunst, die bei jedem Schritt und

Hauch durchdrungen ist von der Dunkelheit unseres Schicksals, von der

Rätselfrage des Lebens und von dem Hinstreben nach dem

Übersinnlichen — oder auch von seinem Besitz beseeligt und

unaufhörlich erfüllt ist.

Düster und furchtbar spricht dies Lenaus Faust aus:

,,Wenn ich vorbei an einem Kirchhof geh'

Und Gräber mit den Leichensteinen seh’

Und mir das Wechselspiel bedenke,

Das mit den hier Vergeßnen ward getrieben,

Ist’s wie ein Blick in eine leere Schenke,

Wo auf dem Tisch die Karten liegenblieben.“

Milder und vertrauensvoller erklingt die Frage dagegen bei

Eichendorff:

„Da ’s nun so stille auf der Welt,

Ziehn Wolken einsam übers Feld,

Und Feld und Baum besprechen sich,

O Menschenkind! was schauert dich?“

Nicht nur das Zweifeln, das Streben nach dem Übersinnlichen, auch

sein Besitz gehört, gleichsam als oberster Punkt des Romantischen, zu

ihm. Wenn aber dem so ist, dann ist „romantisch“ notwendigerweise

kein streng geschlossener, sondern eigentlich ein Gradbegriff. Der

tiefste Punkt ist jener zermalmende Schauer und Zweifel, der am

Beginn und am Grund der romantischen Empfindung ruht, der höchste

ist das selige Haben und Wissen des Übersinnlichen, die metaphysische

Gewißheit selbst. Jenen tiefsten Punkt finden wir bei Lenau, der

gleichsam der immerwährende innerliche Anfang der Romantik bleibt,

diesen höchsten bei Novalis, der ihre schönste Vollendung ist.