Previous Page  411 / 471 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 411 / 471 Next Page
Page Background

[366/367]

413

freien W e t t b e w e r b die Gegenseitigkeit, die Organisation der

Wirtschaft, den Zusammenhang des Ganzen entgegen; und dem

F r e i h a n d e l die Notwendigkeit, alle produktiven Kräfte der

Volkswirtschaft zu entwickeln. (Ein Gedanke, in dem der ganze spätere

List schon enthalten ist!)

Die P r o d u k t i v i t ä t sah Adam Müller ebenfalls nicht im

Tauschwert gewurzelt und an der Stofflichkeit klebend (wie Adam

Smith und noch viele heutige!). Der bloß stofflichen stellt er die

„idealistische Produktion“ an die Seite. Nicht nur, wer Sachen

verfertigt, die Gegenstand des Begehrens sind, sondern auch „wer sich

selbst zum Gegenstand des Begehrens macht“, ist produktiv, also z. B.

wer Musik übt.

1

Wichtiger ist noch ein anderes Merkmal der

Produktivität: die Verbürgtheit der hervorbringenden Kräfte. „Jede

einzelne productive Kraft kann . . . nur produciren oder vermitteln,

insofern sie selbst wieder von einer höheren productiven Kraft. . .

producirt und vermittelt wird. Hört der Staat auf, sich zu produciren . .

., so hören die kleineren Productionen, aus denen die National-

Produktion, welche wir Staat nennen, besteht, von selbst auf.“

2

Wie tief

und richtig diese Worte sind, dafür gibt es wohl keinen

eindringlicheren Lehrmeister und Bekräftiger als die heutigen Tage, die

uns deutlich zeigen, wie sehr Verwirrung in der staatlichen Ordnung,

das heißt/in den allgemeinen Organisationsgrundlagen der

Güterhervorbringung, die ganze Hervorbringungskraft lahmlegt.

Der individualistischen W e r t - u n d P r e i s l e h r e Smithens,

die im Begriffe des objektiven Wertquantums, das im Tausche zur

Erscheinung kommt, wurzelt, setzt Adam Müller den „öffentlichen

Charakter“ des Wertes entgegen, das ist die gegenseitige Verbürgtheit

der Werte und aller Wertung (das Gegenteil von Smiths

Gebrauchswert, denn dieser ist rein individuell gedacht!). Er gründet

damit den Wert auf den Nutzen, und zwar auf den gemeinen Nutzen,

nicht auf das Quantum, nicht auf die Arbeitsmenge. An die Intuition

des Grenznutzens streift er, wenn er z. B. sagt, daß in kornreichen

Jahren das Gewerbe, in kornarmen die Landwirtschaft produktiver

gewesen sei. Leider hat Adam Müller gerade diesen Teil seiner Lehre

gar nicht ausgebildet, sondern sich mehr mit Aphorismen

1

Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, Berlin 1809, Teil 2, S. 217.

2

Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, Berlin 1809, Teil 2, S. 256 f.