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so sind die Verkehrs- oder Tauschgesetze auch die Wirtschaftsgesetze
schlechthin.
Noch ein letzter, außerordentlich wichtiger Schritt ist mit all dem
Gesagten getan. Der Ordre naturel, die Atomisierung und die
einheitliche Wirkungsform der Wirtschaftsatome im Tausche gibt die
Grundlage für das letzte Merkmal strenger kausal-gesetzlicher
Wissenschaft: j e d e w i r t s c h a f t l i c h e E r s c h e i n u n g i s t
n u n q u a n t i f i z i e r t . Grundsätzlich ist dies eigentlich schon
dadurch erreicht, daß die Wirtschaft atomisiert ist. Die atomistische
Auffassung der Volkswirtschaft duldet keine Qualitäten, ebensowenig
wie jene der physischen Natur. Sie rastet nicht, bis die Qualitäten
aufgelöst sind in Mengen und damit auch alles mechanisiert ist. Wo
strenge, eindeutige Bestimmtheit der Atome ist, da ist auch
Quantifizierung, Mechanisierung. Wieder ist es der Tausch, wo die
Quantifizierung ebenso notwendig wie greifbar zur Erscheinung
kommt: 2 Schafe = 1 Ochsen, das ist eine Quantitätsgleichung. Man hat
sie für eine echte Gleichung gehalten und gefragt, woher denn das
Vergleichbare bei so verschiedenen Qualitäten wie Ochs und Schaf
komme. (So besonders Marx, der Ricardo folgte.) Und alle
Individualisten haben notwendig nach der quantitativen Substanz,
nach dem quantifizierenden Prinzip gesucht. Man fand es in dem, was
beim Tausch hingegeben wurde und was die K o s t e n , den Aufwand
bildete. Das Prinzip dieses Aufwandes glaubte man sodann in der
aufgewandten A r b e i t s m e n g e zu finden. Wert war nun sozusagen
gefrorene Arbeit. In der Arbeitsmenge war der / quantitative Maßstab
des Wertes gegeben. So entstand die Smith - Ricardosche
Arbeitskostentheorie
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.
Als die einzige bildende Kraft in der Volkswirtschaft erkannten die
Individualisten (bei näherem Zusehen bereits nicht mehr ganz streng
folgerecht) den freien Wettbewerb der Einzelnen unter sich an. Indem
jeder sich auf das höchste anstrengt, um seinen Nachbarn zu übertreffen
und zu besiegen, wird „einer zum Wächter des anderen“ (Smith), und
auf diese Weise erschien auch das allgemein
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Man hätte die Kosten folgerecht in einem Quantum Eigennutz suchen müssen, und
das wäre eigentlich: im Nutzen. Dieser Versuch (den besonders die deutschen
Nachfolger von Smith zu Beginn des 19. Jahrhunderts — Lotz, Jakob, Soden, Hufeland
und Storch — unternahmen) schlug aber fehl, da die schwierige Abstraktion des
Grenznutzens, eines Maßes für den Nutzen, nicht gelang; man mußte sich nach einem
anderen Maßstab umschauen und fand ihn bequem in der Arbeit.