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den Kategorien nachzuweisen und verständlich zu machen, daß und

wie die Gottesbeweise auf diesem Übersinnlichen beruhen.

Dieses Unternehmen muß möglich sein. Denn sobald der Begriff

Gottes überhaupt im Bereiche des endlichen Denkens entstehen

konnte, müssen auch die Mittel im Denken dazu vorhanden sein.

Die Welt ist nicht durch und durch Welt, das Endliche ist nicht

durch und durch endlich. Wäre das Endliche durch und durch end-

lich, dann könnte es nicht auf Gott hinführen. Denn Gott ist nicht

ein sehr großes Endliches, sondern ein Über-Endliches

1

. Wäre das

Denken der Welt durch und durch Denken des Endlichen, dann

könnte es niemals den Gedanken des Über-Endlichen fassen. Und

wäre ebenso das menschliche Gemüt nur im eigenen Bereiche ge-

gründet, das menschliche Herz nur durch seinen eigenen Schlag be-

wegt, dann könnte es niemals die Ahnung des Über-Menschlichen in

sich verspüren. Prüfen wir daraufhin die vorhandenen Kategorien-

lehren.

Was zuerst die Kategorien des Aristoteles anlangt, so finden wir:

Quantität, Qualität, Relation, Raum, Zeit, Lage, sich Verhalten,

Tun und Leiden als Denkformen, die sich auf den ersten Blick

ganz und gar als dem Endlichen angehörig erweisen

2

. Nur die

„Substanz“, die allerdings grundlegende Bedeutung hat, vermöchte

in der Aristotelischen Lehre davon eine Ausnahme zu machen.

Denn die Substanz als der Inbegriff der in sich selbst stehenden We-

sen (Mensch ist ein Wesen für sich, Weiß kommt nur an anderen

Wesen vor, ist nur Akzidens) ist im Endlichen niemals völlig in

sich selbst gegründet, sondern / weist auf ein sie Begründendes hin,

das offenbar nur ein Höheres sein kann. Der Gedanke einer absolu-

ten Substanz, zu dem sie notwendig hindrängt, ist aber schon Gott,

der allein Sein aus sich selbst, ens a se ist.

Prüfen wir genau, so finden wir indessen, daß nur dann, wenn der Substanz-

begriff zum Ganzheitsbegriffe umgedeutet ist, unsere obige Folgerung gilt. Denn

die „Substanz“ hat „Akzidenzien“ (Attribute), Gott hat keine. Und wie wurde

der aristotelische Substanzbegriff gewonnen? Durch die Zergliederung der Ver-

hältnisse von Eigenschaften (von Eigenschaften gewissermaßen als nackte Seins-

stücke aufgefaßt). Die Beobachtung, daß einige Eigenschaften (Weiß) nie selb-

1

Wie man besser statt „un“-endlich sagt, da „un“-endlich noch auf dem

Boden des Endlichen selbst steht, das freilich in sich selbst kein Ende findet, in

dem freilich kein Nagel ist, an dem es sich selbst befestigen kann.

2

Vgl. mein Buch: Kategorienlehre,

z.

Aufl., Jena 1939, S. 23 ff.