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sten Ware“, ein Entstehen des Sinnvollen aus dem Sinnlosen, be-

hauptet.

Im Darwinismus fanden wir schon früher folgende Bestimmungs-

stücke beschlossen, die uns den Fortschrittsbegriff jeder empiristi-

schen Richtung in helles Licht setzen, und die wir hier wieder in

Erinnerung bringen: (1) Das Fortschreiten geschieht auf mechani-

schem Wege durch die Auslese der Besten im Kampfe ums Dasein.

(Ähnlich nach dem Lamarckismus durch ä u ß e r e A n p a s -

s u n g — jedoch sind hier auch seelische und teleologische Bestand-

teile enthalten.) (2) Dieses Fortschreiten ist ohne Ende. Wie sich die

Lebewesen aus der einfachsten Zelle bis zum Menschen entwickel-

ten, so auch weiter zum Übermenschen, Uber-Ubermenschen und

so fort. (3) Das Zweckvolle, Sinnvolle entsteht aus der Mechanik

der an sich zweck- und sinnlosen, blinden Wirksamkeit der Natur-

ursachen.

Damit ist die Aufgabe einer mechanischen Fortschrittstheorie ge-

löst: den Zweck aus dem Zwecklosen zu erklären, Teleologie aus

Kausalmechanik. Daß sich Jahrhunderte an dem Fortschrittsgedan-

ken begeistern konnten, ist nur zu verstehen, wenn man bedenkt,

daß sie sich unter größten inneren Anstrengungen von Bindungen

und Lebensformen, denen sie heftig widerstrebten, befreien wollten.

Da leistete der Fortschrittsgedanke p o l i t i s c h e Dienste, näm-

lich im Kampfe gegen „Thron und Altar". Prüft man den Fort-

schrittsgedanken aber auf seinen reinen Denkgehalt, so erweist er

sich als widerspruchsvoll, unvollziehbar und entwertend. Die Ent-

wicklung, die immer weiter geht — und das muß sie, weil sie ja

mechanisch erfolgt — der Fortschritt ohne Ende, die stete „Höher-

entwicklung des Typus Mensch“, ist darum sinnlos, weil jede frü-

here Stufe vor der späteren entwertet wird. Was gestern als Affe

das Höchste in der Natur war, ist es heute nicht mehr, da der

Mensch auftritt; und morgen wird der Übermensch den Menschen /

zum Affen machen, um später an einem Uber-Übermenschen selbst

zu schanden zu werden. Ja es erweist sich jeder Fortschritt schon in

demselben Augenblicke, wo er erlangt wird, als entwertet, da die

Entwicklung sich bereits anschickt, ihn zu überholen. Der Begriff

eines mechanischen Fortschritts und eines Fortschritts ohne Ende ist

daher unvollziehbar, ist ein Unbegriff.