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[354/355/356]

Hegel; das Zeitalter des Griechentums entspricht dem Zeitalter des Deutsch-

tums. — Es leuchtet ein, daß diese Entsprechungen mit den „Parallelen“ oder

„Gleichzeitigkeiten“ Spenglers nichts zu tun haben.

Ihre Entsprechungen entscheiden über die G e s c h i c h t s s t e l l u n g d e r

Z e i t a l t e r . Die Zeitalter erscheinen nur nach Maßgabe ihrer Entsprechungen

in der Geschichte bedeutsam. Wenn z. B. die neuplatonische / Mystik nicht in

der deutschen Mystik des Mittelalters, diese nicht in der Romantik und im

deutschen Idealismus eine gewisse Entsprechung fände, so würde sie der Ge-

schichte nichts mehr sagen. — Andrerseits ist die geschichtliche Stellung der

Zeitalter nicht nur nach ihrer zeitlichen, sondern auch nach ihrer räumlichen

Reichweite zu bestimmen.

Endlich kann man angesichts ihrer gegenseitigen Entsprechungsverhältnisse

sowohl von der geschichtlichen R ü c k w e n d i g k e i t o d e r V e r g a n g e n -

h e i t s w e n d i g k e i t d e r Z e i t a l t e r , das heißt von ihrer Verankerung

in abgelaufenen Vorgängen sprechen; andrerseits von der V o r - o d e r Z u -

k u n f t s w e n d i g k e i t . Diese Rück- und Zukunftswendigkeit der Zeitalter

bietet das Bild einer gegenseitigen Spiegelung und weist auf die Einheit der

Zeiten, auf ihre gemeinsame Rückverbundenheit hin.

Der allgemeinere Begriff der zeitlichen Entsprechung im Sinne

der Zeitgerechtigkeit in der Umgliederung führt auf den beson-

deren der Entsprechung der einzelnen Zeitstellen, der Zeitgerechtig-

keit im Einzelnen oder des „rechten Augenblicks“, der r e c h t e n

Z e i t s t e l l e , welche die Griechen K a i r o s nannten. Im reinen

Umgliederungsgange hat alles seine ihm gemäße Zeitstelle: Sowohl

das Zufrühkommen, z. B. das zu frühe Eingreifen in der Schlacht,

wie das Zuspätkommen ist von Übel. „Zu früh“ und „zu spät“

sind die Weisen der Unvollkommenheit im Zeitzusammenhange

der Umgliederung, sind die Fehlformen der Zeitstelle oder das

Fehlen des Kairos. Man kann diese Fehlformen auch die „Ver-

frühung oder Vorgeborenheit“ und die „Verspätung oder Nach-

geborenheit“ nennen. Der Mensch, dem das Richtige erst hinter-

drein einfällt, der „Treppenwitz der Weltgeschichte“, das „post

festum“, „nach Torschluß“, die „versäumte Gelegenheit“ — das

sind stehende Redensarten, welche für die Richtigkeit unserer Kate-

gorie Zeugnis geben.

D.

Der H e r z s c h l a g d e r G e s c h i c h t e

( D a s g e s c h i c h t l i c h e Z e i t m a ß )

Außer allen angeführten Unterschieden kommt noch jener innere

Zeitunterschied der Geschichtsalter in Frage, den man auf / die