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aber als noch nicht Ausgegliedertes). Diese zeithafte Gegenseitigkeit,

dieses Miteinander von vergangenen, gegenwärtigen und zukünfti-

gen Wesen, diese Gezweiung zeithafter Ordnung, diese Zeitentreue

und Zeiteneinheit — sie ist notwendig, damit Geschichte sei.

Wieder begegnen wir dem verborgenen Grunde in der Geschichte.

Die nichtnaturalistische Betrachtung ist das erste aller Geschichts-

philosophie. Überall spürt man das Verborgene in der Geschichte.

Es gibt keine Stelle in ihr, die nicht davon erfüllt wäre. Nichts in

der Geschichte geht natürlich zu. Denn der Fortgang ist nur möglich

durch Rücknahme und diese ist Berührung des Grundes; sowie

durch Neuausgliederung und diese kommt aus dem Grunde. Alle

bloß genetische Geschichtsbetrachtung ist mangelhaft. Sogar die

Hegelische Geschichtsphilosophie hat zuviel Genesis (besonders

durch „Fortschritt“). Die Gegenwart ist nie ganz aus der Vergangen-

heit zu erklären. Nicht nur Abirrung ist möglich, Gutes und Böses,

durch die Freiheit der Glieder; auch die Zukunft bricht frei aus dem

Grunde hervor.

Alles sträubt sich im Menschen dagegen, daß die Verunmittel-

barung, die Rückkehr in den Grund nur eine Wiedergutmachung

des Falles wäre, daß Geschichte an sich umsonst wäre und nur die

Wiederherstellung eines einstigen Zu- / Standes ihr Ziel. Auch die

nichtgefallene Welt hätte Geschichte gehabt.

Der Mensch hat ein tiefes Gefühl von der Heiligkeit des Gesche-

hens. Denn der Grund der Welt ist Gott selbst. Der Entsprechungs-

lauf des Geistes, der Lauf durch alle Dinge und Geschicke muß

schon deswegen eine innere Notwendigkeit für den Geist sein, weil

aller Vermittelbarung und Verzeitlichung, die in Aus- und Um-

gliederung liegt, zugleich die Verunmittelbarung, das Vordringen in

den Grund der Rückverbundenheit von Anbeginn zur Seite geht.

Die Brüchigkeit und Tragik tritt in der Vermittelbarung auf. Die

Versenkung und Erlösung ist in der mit ihr selbst eingeleiteten Ver-

unmittelbarung notwendig gegeben, für den einzelnen Menschen,

wie für die Welt.

Gott will in der Schöpfung sich selbst und daher kann auch die

Welt nur Gott wollen. Das ist der mystische Kern aller Geschichte.

Und an der Gezweiung zeigt sich, daß wir nicht nur für uns, son-

dern für das Ganze gewirkt haben und für Gott, den Herrn der

Ernte.

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