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Eine Art von Euhemerismus scheint mir auch überall dort vor-

zuliegen, wo man G r ä b e r v o n G ö t t e r n zeigt, was sich z. B.

bei Griechen, Germanen, Altkretern, Ägyptern und Babyloniern

1

findet.

Daß endlich bei völliger Verdunkelung des Unsterblichkeits-

bewußtseins auch die gesamte Totenverehrung und sogar die Be-

gräbnissitten e i n s c h r u m p f e n , ist nur allzu verständlich und

das lehren ja auch die glaubensschwachen Zeiten, in denen wir selbst

heute leben

2

.

B.

A b g e l e i t e t e r e l i g i ö s e K a t e g o r i e n a u s

d e r M y s t i k

Wir erschöpften nun alles, was im Innewerden Gottes unmittel-

bar an Kategorien enthalten ist. Wenn der menschliche Geist sich

aber denkend zu dem innerlich Erfahrenen hinwendet und die

äußeren sinnlichen Erfahrungen an der Welt damit vergleicht, er-

geben sich noch mancherlei Ableitungen, welche zur Bildung der

konkreten Gestaltung der geschichtlichen Religionen bedeutende

Beiträge liefern.

1.

Der Gottesbegriff

Ein Begriff, eine Lehre vom Wesen der Gottheit, wird durch die

mystischen Erfahrungen nicht unmittelbar gebildet. Das ergibt sich

aus ihrem Wesen. Sie sind, wie wir es oben bestimmten, die Be-

wußtwerdung des tiefsten Rückverbundenheitsgrundes. Darin liegt

ein b e g r i f f l o s e s Innewerden. Es ist „formlos und weiselos“,

wie Tauler sagte, ist über allem Aussprechlichen, Bestimmbaren. /

Unsere früheren Schilderungen ließen die Mystiker selbst sprechen,

und ihre Aussagen zeigten deutlich, daß sich ihr Innewerden auf

e i n e r a n d e r e n E b e n e vollziehe, als das begriffliche und

sinnliche Erkennen. Man erinnere sich insbesondere an Ghazalis und

Meister Eckeharts Schilderungen der mystischen Ekstase

3

. Eine

1

Vgl. Friedrich Jeremias: Semitische Völker in Vorderasien, in: Alfred

Bertholet-Eduard Lehmann: Lehrbuch der Religionsgeschichte, Bd 1, 4. Aufl.,

Tübingen 1925, S. 576.

2

Über die S e e l e n w a n d e r u n g vgl. unten S. 335 ff.

3

Siehe oben S. 69 ff. und 82.