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und den Reichtum der Religion nicht völlig entbehrlich. Die Reli-
gion darf nicht zu einem bloß abstrakten Monotheismus werden,
dann wäre sie Philosophie.
In der Religion Z a r a t h u s t r a s werden nicht nur die vielen
Götter der altarischen Zeit, die Ergebnisse magischen Denkens, zu
bösen Dämonen und Götzen, sondern es wird die Magie überhaupt
strengstens verboten. Die Notwendigkeit eines solchen Verbotes
wird auch begreiflich, wenn man bedenkt, daß auf einem anderen
Weg die großartige Reform Zarathustras, den üppigen Polytheis-
mus der altarischen Zeit zu überwinden und einen hohen Mono-
theismus zu behaupten, gar nicht gelingen konnte. Daß trotzdem
manches Magische blieb, wie die Personifizierung der göttlichen
Eigenschaften, der Amesha Spentas, oder z. B. das Verbot, die Ele-
mente zu verunreinigen, liegt teils in der Natur der Sache, teils in
der Zeit.
E c h n a t o n , der große ägyptische Reformator vor Zarathustra
(im 14. Jahrhundert v. Chr. — vielleicht mit Zarathustra gleichzei-
tig und von ihm abhängig?) drang mit seinem Sonnen-Monotheis-
mus nicht durch. Wäre durch diesen die ägyptische Volksreligion
von den vielen magisch-dämonistischen Ungeheuerlichkeiten befreit
und aus einer Religion der Idole zu einer solchen von geistig-sitt-
licher Grundhaltung geworden, so wäre wahrscheinlich die ägyp-
tische Kultur, an deren Tierdienst die Perser wie die Römer den
größten Anstoß nahmen, vom Untergang, den ihr die Römer be-
reiteten, gerettet worden.
Im A l t e n T e s t a m e n t wird die Magie verboten, und zwar
als etwas Verabscheuungswürdiges, das im Dienste fremder Götter
steht und mit dem Dämonenkult zusammenhängt. Die Wirksam-
keit der Magie wird aber dabei nicht geleugnet. Andererseits erhiel-
ten sich beträchtliche Mengen magischer Rituale. Wir erinnern nur
an den Sündenbock, der jährlich in die Wüste ge- / jagt wurde, und
an die Kabbala, in der sich eine zum Teil tiefe, zum Teil wüste Zau-
berlehre erhielt, welche auf das ganze Mittelalter von großem Ein-
fluß war
1
.
Im B u d d h i s m u s werden die Götter in ihrer Würde be-
1
Vgl. Franz Joseph Molitor: Philosophie der Geschichte oder über die Tradi-
tion, Münster 1839, S. 1834 ff.