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Je mehr Mystik in der Magie noch erhalten blieb, um so mehr

Monotheismus auch in der Religion. Daher hat die mystische Schicht

jeder Religion, z. B. der indischen Upanischaden oder der griechi-

schen Orphik und des Neuplatonismus, ungleich mehr Monotheis-

mus in sich als die niederen Schichten derselben Religionen, wie sie

uns z. B. in den von Pausanias mitgeteilten griechischen Tempelkul-

ten und im Artharvaveda entgegentreten.

Mit dieser Erkenntnis der Mystik und Magie als den Quellen und

Bedingungen jeder Religion scheint nun auch zum ersten Mal jene

unauflösliche Verbundenheit mystischer und magischer Elemente

verständlich gemacht, welche die Religionsgeschichte überall zeigt,

nicht nur in den niederen, sondern auch in den höheren und höch-

sten Religionen (vom Christentum sehen wir vorläufig noch ab).

Wir erkennen es als in dem Wesen der Sache liegend, daß nicht nur

die niedersten Religionen, nämlich jene der Naturvölker (in den

Initiationen und Mysterien), sondern auch die höheren Schichten der

sumerisch-assyrischen, ägyptischen, indischen, griechisch-römischen,

keltischen, slawischen und germanischen Religionen überall eine Ver-

schlingung mystischer und magischer Elemente zeigen; daß auch die

monotheistisch ausgerichteten Religionen von dieser Verbindung

keineswegs frei sind, so der Taoismus, die Zendreligion, die ver-

schiedenen Richtungen des Buddhismus und der Islam.

Wird die Verbundenheit aller Religionen mit Mystik und Magie

als eine innere Notwendigkeit erkannt, dann wird erst die grenzen-

lose, oft erschreckende Fülle der religiösen Gestaltungen und selbst

der Verirrungen, als aus der magischen Quelle fließend, verständlich.

Die vielen Streitfragen, welche sich zwischen dem „ P r ä a n i m i s m u s “

verschiedener Prägung (Frazer, Marett, Preuß), dem „ A n i m i s m u s “ (Tylor,

Wilhelm Wundt und andere) und vermittelnden Versuchen (Karl Beth

1

und an-

dere) ergaben, indem sie die Religion in Irreligiöses, zuletzt in bloße Sinnlichkeit

auflösen wollten, sind damit grundsätzlich erledigt. — Aber auch alle jene ge-

gen- / teiligen Versuche, welche — wie der sogenannte Okkultismus, die Theo-

sophie, der Spiritismus und die sonstigen trüben Mystizismen verschiedenster Ab-

schattung — die Religion in bloße Magie auflösen wollen, sind damit in ihre

Schranken gewiesen. Denn die Magie stellt das niedere, die M y s t i k d a s h ö -

h e r e , führende, stets unentbehrliche Element der Religion dar. Die Mystik ist

das eigentlich Religiöse in der Religion, welches in seiner Reinheit allerdings nur

in wenigen auserlesenen Menschen verkörpert ,aber von vermittelnden religiösen

Genien und Talenten ergriffen und der Religion einverleibt wird.

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Karl Beth: Religion und Magie, 2. Aufl., Leipzig 1927.