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Eingebung. Denn ohne sie gäbe es kein Erkennen, kein geistiges

Schaffen, kein Wollen und kein Handeln. Ohne Eingebung wäre der

menschliche Geist nicht, was er ist; er wäre weder menschlich noch

(geschaffener) Geist. Ist dieser also ohne Eingebung gar nicht denkbar,

so kommen schöpferische Eingebungen nicht von selbst, sondern nur

dadurch, daß der Schaffende in die Welt des Geistes hineinhorcht,

sich auf seinen Gegenstand konzentriert. Stellt sich aber der rechte

Einfall ein, so ist damit erst ein Anfang gemacht. Nach der S a m m -

l u n g ist die eigentliche Leistung des schaffenden Geistes die

A n n a h m e d e r E i n g e b u n g . Diese ist vielleicht am besten

gekennzeichnet, wenn wir sagen: Die Eingebung ist etwas, das noch

nicht ganz Wirklichkeit geworden ist, etwas nur halb zur Welt Ge-

kommenes, noch im Schwebezustand Befindliches; am anschau-

lichsten vergleichbar etwa dem Homunkulus (womit nur ein Ver-

gleich ausgesprochen, aber nichts über die Natur dieser wohl bedeut-

samsten mythologischen Gestalt der deutschen Dichtung ausgesagt

sein soll), wenn er erklärt: „Ich schwebe so von Stell’ zu Stelle und

möchte gern im besten Sinn entstehn“; und von dem hernach Thaies

meint: „Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften, doch gar zu

sehr am greiflich Tüchtighaften“

1

. Auch die Eingebung muß noch in

das Begreifliche, in den Begriff verwandelt werden, der sich dann erst

als ein vollwirklicher, als ein „tüchtighafter“ in der Welt des Geistes

zu behaupten hat.

Die Eingebung ist noch unentfaltete Ganzheit, welche die Fülle der

„Eigenschaften“ als Potenzen in sich birgt, die aber noch nicht ins

Dasein getreten sind. Der menschliche Geist kann ihrer nur habhaft

werden, wenn er sie der Reihe nach ergreift, das heißt, daß er die

Ganzheit auseinanderlegt, „a u s g l i e d e r t“ und sich dabei die

Glieder selbst e n t g e g e n s e t z t (vor-stellt), um sie als Glieder

des Ganzen begreifen zu können. Dazu aber bedarf es einer schöp-

ferischen Synthesis. Sie ist nur möglich durch: G e s t a l t u n g .

Die geistige Gestalt ist die auf begrifflicher Ebene wiedergewonnene

Einheit der Eingebung. Gestalt in dem hier gemeinten Sinne ist mehr

als Formgebung. „Gestalten“ als Geistesstufe bedeutet „Rückver-

1

Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Der Tragödie Zweiter Teil, V. 7800 f. und 8249 f.