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hält sich dieser zum Sein? Der Geist ist nicht tot, sondern tätig und

schaffend. Auch er gehört zum Sein. Mehr noch: Er ist das eigent-

liche Sein! „Denken und Sein ist ein und dasselbe.“ Dieser provokante

Satz des Parmenides, der an der Lebensschwelle der abendländischen

Philosophie steht, ist zugleich der erste Grund-Satz der Ontologie.

Und er ist zugleich ein Grund-Satz der Erkenntnislehre. Das geistige

Sein als das Tätige und Schaffende ist das eigentliche Sein; das

natürliche Sein, sofern es ein bloß ruhendes, ein sich immer gleiches,

ein sich nicht „selbstsetzendes“ Sein ist, ist gleichsam nur das „Anders-

sein“ des Seins. Aber ist es wirklich nur ein ruhendes, ein unbeweg-

liches Sein? Mitnichten! Darüber wurde unsere Zeit durch die Atom-

physik belehrt. Inwiefern auch die anorganische Natur eine nichttote,

ja eine nichtmechanisch ablaufende, eine „lebendige“ ist, lehrt die

ganzheitliche Naturphilosophie und zeigt die moderne Physik. Dar-

über ist hier weiter nicht zu sprechen. Entscheidend aber ist auch für

die Geisteslehre, daß nicht eine „tote“ Natur, sondern zuletzt der

tätige Geist der ganzen Schöpfung als dem Ebenbilde ihres Schöpfers

seinen Stempel aufdrückt.

Darum erhält auch die ganzheitliche O n t o l o g i e v o n d e r

G e i s t e s l e h r e h e r i h r G e p r ä g e . Sie ist ihrem Wesen nach

nicht so sehr ein Kapitel der Naturphilosophie, sondern die Grund-

lage für die Pneumatologie und in der Folge erst eine solche für die

Naturphilosophie. Das eigentliche Wesen des geschöpflichen Seins

kommt vom Geiste her, vom Geiste seines Schöpfers, und erst das

„uneigentliche“ Sein erscheint sodann in der Natur!

Die Seinslehre (Ontologie) steht systematisch am Anfang aller

Philosophie, sie findet ihre Erklärung aber aus dem Wesen des Geistes.

Sie ist daher, wie dies auch im „Schöpfungsgang des Geistes“ dar-

gelegt ist, noch vor der Geisteslehre, der sodann die Naturphilo-

sophie (Bd 15) nachfolgt. Sie ist aber erst von der Geisteslehre aus

zu verstehen, weil der Geist die Weltordnung und das Wissen vom

Sein in sich trägt. Die Kategorienlehre (Bd 9) hat als die Lehre von

den Weisen des Seins die ganzheitliche Seinsordnung aufgezeigt und

impliziert insofern auch die Ontologie. Dargelegt aber hat diese

Spann im „Schöpfungsgang des Geistes“. Sie soll darum auch hier im

Zusammenhang mit der Geisteslehre kurz behandelt werden. Denn

Sein und Denken sind zwar nicht in jeder Weise zur Deckung zu brin-