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[203/204]

zwischenstaatlichen Verhältnis. Der blaue Himmel Italiens ist frei für

den Italiener; nicht aber für den Amerikaner, der um seinetwillen vom

anderen Ende der Welt herreist. Die gleiche Bewandtnis hat es mit den

Kunstschätzen, die an allen Orten der Welt aufgestapelt sind, mit den

Naturschönheiten, z. B. unserer Alpen, dem Holze im Urwald, dem

Wasser an der Quelle — sie sind alle „frei“ an Ort und Stelle, aber knapp

für die Entfernten, die aus dem natürlichen Überfluß nur unter

Aufwand kostbarer Komplementargüter (Reisen, Arbeitsaufwände)

schöpfen können! So gesehen, schrumpft das Geltungsgebiet der freien

Güter fast auf nichts zusammen und haftet namentlich von vornherein

an ganz bestimmten Umständen und Örtlichkeiten. Der B e g r i f f

d e s f r e i e n G u t e s i s t n u r e i n G r e n z b e g r i f f , d e r

k a u m j e w i r k l i c h e G e l t u n g e r l a n g e n k a n n .

§ 27. Bemerkungen zum Begriff des Kapitals

Der gewonnene Begriff des Gutes kann brauchbar gemacht werden:

1.

für den Begriff des Volksvermögens, das ja in weiterem Sinne nichts anderes als

eine Güterknappheit ist, und

2.

für den Begriff des Kapitals.

Unter Kapital können, wie Menger es getan hat, „effektive . . . oder durch ...

Vermögen . . . dargestellte Geldbeträge“

1

,

das heißt angesammelte Verfügungsmacht,

Kaufkraft im wirtschaftlichen Verkehr verstanden werden (ähnlich Schumpeter,

Amonn, Clark und viele Neueren); oder nach alter physiokratischer Denkweise, der

Böhm-Bawerk und andere gefolgt sind

2

, das „Realkapital“. Diese beiden Begriffe können

meines Bedünkens miteinander versöhnt werden, wenn als Grundeigenschaft jeder Art

von Kapital: die „ M i t t e l b a r k e i t d e r L e i s t u n g “ aufrecht bleibt (wie wir

sie oben

3

entwickelt haben). Der Begriff des „Realkapitals“ leitet sich dann nicht

eigentlich von dem des Gutes ab und wird in Wahrheit auch nicht als „erzeugtes

Erzeugungsmittel“, als „Erzeugungsumweg“ zu fassen sein. Es handelt sich nicht

eigentlich um Erzeugung, sondern: um die M i t w i r k u n g b e i m A b l a u f

a l l e r L e i s t u n g e n — eben um die Mittelbarkeit des Leistens. Auf diesem Boden

leistungsmäßiger Betrachtung wäre dann Kapital im Mengerschen Sinne (als

immaterielle Kaufkraft) „Kaufhilfe“; Kaufhilfe ist aber wieder nichts als Beistand sowohl

für unmittelbare wie für mittelbare Leistungen, welche Mittelbarkeit zweiten Grades

besitzt, das heißt, Kapital im Mengerschen Sinne ist „ K a p i t a l h ö h e r e r

O r d n u n g “ (Geld im weitesten Sinne).

1

Carl Menger: Zur Theorie des Kapitals (Jahrbücher für Nationalökonomie

und Statistik, Jg 26, Jena 1888), S. 40.

2

Eugen von Böhm-Bawerk: Positive Theorie des Kapitales (Kapital und Kapitalzins.

Abt. 2, 3. Aufl., Innsbruck 1912), S. 23 ff.

3

Siehe oben S. 123 f.