Table of Contents Table of Contents
Previous Page  1786 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 1786 / 9133 Next Page
Page Background

388

[321]

Liebe, auf Täuschung, auf zufälligen, persönlichen Dispositionen, Wünschen und

Phantasiegebilden des Menschen beruht

1

.

Jene Schulen, welche vornehmlich die psychologische Unterlage der Religion

zum Gegenstande nehmen, bilden die „r e

1

i g i o n s p s y c h o

1

o g i s c h e n“;

jene, welche vornehmlich die veranlassenden Tatsachen der Außenwelt zum

Gegenstande nehmen, die im engern Sinne r e l i g i o n s s o z i o l o g i s c h e n

R i c h t u n g e n .

B . D i e w i c h t i g s t e n S c h u l e n d e r n e u e r e n

n a t u r a l i s t i s c h e n R e l i g i o n s s o z i o l o g i e

An dem Stoffe der geschichtlichen, philologischen, volkskund-

lichen und völkerkundlichen Forschung wollten sich die Lehren der

älteren Religionssoziologie nicht recht bewähren. Daher wurde man

immer wieder zu neuen Wegen gedrängt, behielt jedoch den empi-

ristischen Grundgedanken, namentlich den des Anthropomorphis-

mus, bei. Es entstanden hauptsächlich drei Richtungen:

die vergleichend mythologische,

die panbabylonische,

die ethnologische.

1. Die v e r g l e i c h e n d e M y t h o l o g i e , a u c h

e t y m o l o g i s c h e o d e r m e t e o r o 1 o g i s c h e S c h u 1 e

g e n a n n t

Der Grundgedanke dieser von Adalbert Kuhn gegründeten, von

Max Müller, Ludwig Preller, Wilhelm Heinrich Roscher, Leopold

von Schröder und anderen fortgesetzten Schule ist folgender:

Gleichwie die indogermanischen Sprachen eine Einheit bilden, bil-

den auch die religiösen Vorstellungen aller indogermanischen Völ-

ker ursprünglich eine Einheit, die „indogermanische Urreligion“.

Dieser Gedanke setzt einen etymologischen Zusammenhang der

mythischen Namen, wie einen geschichtlichen Zusammenhang der

1

Vgl. z. B. Albert Schäffle: Bau und Leben des sozialen Körpers, 2 Bde,

Bd I: Allgemeine Soziologie, Bd 2: Spezielle Soziologie, 2. Aufl., Tübingen 1896.

William James: The Varieties of Religious Experience, London 1902, deutsche

Fassung: Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit, Materialien und

Studien zu einer Psychologie und Pathologie des religiösen Lebens, übertragen

von Georg Wobbermin, Leipzig 1907.