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stimmtes, auf den Einzelfall besondertes, „konkretisiertes“, „posi-

tives“ Recht ist, vielmehr selbst erst in objektives und schließlich in

subjektives Recht sich gliedern, sich besondern muß.

Diesen Übergang von der Sittenlehre und dem allgemeinen Gerechtigkeits-

ideal (universalistischem Naturrecht) zum geschichtlich-handgreiflichen oder /

„positiven“, objektiven und subjektiven Rechte konnte keine individualistische

Theorie finden. Meistens wollte man im „Zw a n g e “ das absondernde Merkmal

des Rechtes von der Sittlichkeit sehen: Recht soll nur dann gegeben sein, wenn

Zwang zur Durchsetzung vorliegt. Das entspricht aber nicht den Tatsachen.

Denn wie einerseits viele Rechte durch Zwang nicht gesichert werden können,

so können andrerseits viele Sitten, Konventionen und Gebote der Sittlichkeit,

auch der religiösen, von v i e l s c h ä r f e r e n Z w a n g s m a ß n a h m e n

b e g l e i t e t s e i n . Zum Beispiel kann „Ausstoßung aus der guten Gesell-

schaft“, die auf die Verletzung von Konvention, Sitte, Sittlichkeit folgt, viel

mehr bedeuten als eine Geldstrafe des Rechtsgesetzes. — Der Übergang von der

Sittlichkeit zum Rechte kann nicht durch den Zwang, er muß auf ganz anderem

Wege gefunden werden. Er liegt in der angegebenen Stufenreihe, die durch über-

individuelles Naturrecht zum subjektiven Rechte führt.

Der Begriff des objektiven und des in ihm gliedhaft enthaltenen

subjektiven Rechtes führt aber noch weiter: zur Satzung. Ü b e r -

i n d i v i d u e l l e s , o b j e k t i v e s R e c h t k a n n n u r d a s

R e c h t o r g a n i s i e r t e r G e b i l d e s e i n : d a m i t i s t e s

a b e r S a t z u n g . Ebenso kann subjektives Recht nur aus der

Gliedstellung des Einzelnen her begründet werden, also aus dem

Enthaltensein des Einzelnen in anstaltlichen Gebilden durch Sat-

zung.

Der Begriff der Satzung wurde früher

1

als Richtschnur (Norm)

des veranstaltenden Handelns bestimmt. Die Satzung ist, so ergab

sich, die Sollordnung (normative, wertgemäße Ordnung) des Han-

delns, und zwar als Sonder- oder Spezialrecht. Die Grundtatsache ist

hier: n i c h t R e c h t i m a l l g e m e i n e n k a n n R e c h t

w e r d e n ; s o n d e r n d a z u i s t e i n e B e s o n d e r u n g i n

e i n e b e s t i m m t e , h a n d g r e i f l i c h e A n w e n d u n g

n ö t i g , d i e S a t z u n g einer bestimmten Anstalt. Recht wird

nur in der Besonderung als Anstaltsrecht zu gesellschaftlich wirk-

samem Rechte.

Erst indem das Recht die Sondergestaltung der Satzung annimmt,

vollbringt es die g e s e l l s c h a f t l i c h e L e i s t u n g d e s

R e c h t e s . Diese Leistung besteht: in der Vermittlung zwischen

1

Siehe oben S. 508 f.

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