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wird durch die obersten Kasten dargestellt, die also zugleich oberster Staat im

Gesamtganzen sind. Die unterworfenen Kasten dagegen sind schon infolge der

organisatorischen Bedingungen, unter denen ihr Leben steht, unfähig, gleichwer-

tige Glieder im Staate zu bilden. Diese beschränkte Stellung fällt zumeist mit ge-

ringeren rassenmäßigen Fähigkeiten zusammen, und somit ist eigentlich nur das

organisatorisch festgelegt, was in der Natur der geistigen Vergemeinschaftungs-

vorgänge gelegen war. So löst sich der altindische Brahmanenstaat in einen

Stufenbau besiegter, dunkelhäutiger und lichter arischer R a s s e n auf. — Hiermit

ist aber das Wesen jedes Kastenstaates bezeichnet. Trifft die rassenmäßige Min-

derwertigkeit nicht zu, dann wird sich auch das Kastensystem schnell rächen;

Kräfte, die nach geistiger und körperlicher Auslebung drängen, würden gebunden,

die maximale Staatsform würde auch für den Sieger nicht erreicht; und der

Bestand des Ganzen wäre unrettbar bedroht. — Insofern jede Kaste ein verhält-

nismäßig geschlossenes Leben für sich führt, erscheint der Kastenstaat auch als

Abart eines sehr innigen S t a a t e n b u n d e s ; insofern in den Kasten nur fest

abgeschlossene Stände erblickt werden können als Abart des S t ä n d e s t a a t e s

1

.

3 .

D e r k ö r p e r s c h a f t l i c h e o d e r S t ä n d e s t a a t

d e s M i t t e l a l t e r s

Die Richtigkeit unserer Begriffsbestimmung bewährt sich besonders an ihrer

Fähigkeit, den Lehrstaat und jeden ständischen Staat im weitesten Sinne zu

erklären; ein Gebilde, das nach heutiger, von Haller stammender Auffassung,

gar kein Staat, sondern nur eine „Summe“ „privatrechtlicher“ Verhältnisse

wäre! Aber diese „Summe privatrechtlicher Verhältnisse“ oder richtiger; recht-

lich geregelter Veranstaltungen — das ist ja schon der Staat überhaupt! Seine

E i n h e i t findet er notwendigerweise schon allein darin, daß alles geistige und

handelnde, damit ebenso auch alles veranstaltende Leben seinem Begriffe nach

einer ideellen Einheit zutreibt. Diese Einheit muß freilich irgendeinen Ausdruck

in der Ü b e r h ö h u n g d e r s t ä n d i s c h e n T e i l - O r g a n i s a t i o n e n ,

zum Beispiel durch / das Kaisertum oder das Papsttum (bei theokratischem Ge-

präge eines Staates) finden. Und das war auch der Fall in der aufsteigenden, ver-

mittelnden Überordnung, der Hierarchie aller Lebensverhältnisse und sonstigen

ständischen Gebilde. Diese Gebilde verhielten sich trotz aller Spannungen als

Organe des Gesamtganzen oder als S t ä n d e . D e r L e h e n s s t a a t i s t

n i c h t s a n d e r e s a l s e i n S t a a t , i n w e l c h e m d i e v e r h ä l t n i s -

m ä ß i g e S e l b s t ä n d i g k e i t a l l e r T e i l a n s t a l t e n s e h r g r o ß

i s t und zum bewußten Grundsatze der Organisation wurde

2

.

4 .

D e r z e n t r a l i s t i s c h e o d e r a t o m i s t i s c h e

S t a a t

Er zeigt geschichtlich die Formen des aufgeklärten Absolutismus, des kon-

stitutionellen Liberalismus und, in letzter Vollendung, der Demokratie. Dieser

Staat ist nach individualistischer Vorstellung vom Wesen des Staates und daher

1

Über die Ständeteilung im Kastenstaat vgl. die Bhagavadgita XVIII, 41—95,

aus dem Sanskrit übertragen von Paul Deussen, Leipzig 1911.

2

Vgl. oben S. 510 f. und 595 f.

39 Spann, 4