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b i l d e stellt, so daß die niederen Gebilde von den Leistungen der

höheren Begabungen mitbefruchtet werden.

Die richtig gebaute, die vollkommene Gesellschaft ist im Hinblick

auf unsere Frage vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie (1) aus

Gemein- / schaften — und zwar ständisch-organisierten, denn alle

echten Gemeinschaften sind ständischer Art — besteht, die verhält-

nismäßig selbständig organisiert sind, also r e i c h e s E i g e n l e -

b e n besitzen, oder, was dasselbe besagt, d e z e n t r a l i s i e r t

(entmittet) sind; und (2) daß sie Abgestuftheit, Uber- und Unter-

ordnung oder, anders gesagt, bei aller Dezentralisierung h i e r a r -

c h i s c h e G l i e d e r u n g zeigen. Hierin liegen die entscheidenden

Eigenschaften.

Das reiche Eigenleben der Gebilde (die Dezentralisation) erzieht

und beschäftigt Begabungen im eigenen Innern; die hierarchische

Gliederung macht, daß auch das stärkere Ansichziehen von Begabun-

gen aus den niederen Gebilden wie durch die höchsten Gebilde

n i c h t v e r a r m e n d wirkt, sondern die unteren Gebilde mehr

befruchtet als verarmt — so in der ständischen Ordnung!

Wenn, um dies an einem Beispiele zu erläutern, der begabteste

Offizier dem Regiment entzogen wird, so wird das Regiment in

Wahrheit nicht ausgelaugt, weil jener als Feldhauptmann oder Stäb-

ler oder Feldmarschall dem Regiment mehr Lebensimpulse gibt, als

er ihm als Oberst hätte geben können. Dies weiter auszuführen, ist

nach allem Früheren überflüssig. Es leuchtet ja auch rein begrifflich

ein, daß die E i n g l i e d e r u n g d e r h e r a n g e z o g e n e n

K r ä f t e i n h ö h e r e S t u f e n d e s s e l b e n S t a n d e s -

o d e r L e b e n s z u s a m m e n h a n g e s kein Raub an den nie-

deren Stufen ist, sondern ihnen mehr wiedergibt als nimmt.

Echtes Gemeinschaftsleben, Standeszusammenhang, Lebenszu-

sammenhang (auch über die Stände hinweg) — das sind überall die

Voraussetzungen dafür, daß der Entzug an Begabungen nicht zur

Auslaugung wird. Diese Voraussetzungen fehlen in jeder ungeglie-

derten Gesellschaft. In ihr sind die Entzüge von Begabungen mit

Entgliederungen verbunden, während das Ansichziehen der Bega-

bungen keine echte Eingliederung, echte Zuartung in eine neue Ge-

sellschaft bewirkt.

Hieraus ergibt sich, daß nur Umbildung der Gesellschaft in eine

ständische Ordnung die furchtbaren Auslaugungen des individuali-