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Vorwort

Die Einheit der Philosophie erschwert überall die selbständige

Darstellung einzelner Teile; aber kein anderer Teil ist so schwierig

für sich allein zu behandeln, wie gerade die Geschichtsphilosophie.

Sie ist von der Seins- bis zur Sittenlehre mit allen philosophischen

Fächern verknüpft und findet daher in den Lehrbegriffen und Ent-

scheidungen aller dieser Fächer ihre Voraussetzungen. Diese Vor-

aussetzungen sind aber je nach der philosophischen Richtung von

g r ö ß t e r V e r s c h i e d e n h e i t . Wie soll sich da der Verfasser

mit den Lesern, die aus den verschiedensten philosophischen Lagern

von heute kommen, verständigen? Eine Einengung der Gegensätze

suchte ich in den folgenden Blättern dadurch zu schaffen, daß ich

die rein zergliedernde Untersuchung, nämlich die „geschichtliche

Kategorienlehre“ (2. Buch), fußend auf der zergliedernden Gesell-

schaftslehre, soweit als möglich verselbständigte, indem ich sie

sowohl von den Vorfragen (1. Buch) wie von der „Metaphysik der

Geschichte“ (3. Buch) absonderte. Aber die begrifflichen Voraus-

setzungen der Untersuchung lassen sich dadurch nur zum Teil auf-

klären, zuletzt jedenfalls nicht überspringen. Dagegen wird, so hoffe

ich, gleich eingangs an dieser Stelle ein Hinweis darauf, worin ich

die Verschiedenheit jener Begriffsvoraussetzungen grundsätzlich

sehe, dem Leser das Verständnis erleichtern.

Die Frage nach dem Wesen der Geschichte als einem Geschehen

in der Zeit mündet zuletzt in die ontologische Frage: Warum ist

überhaupt W e r d e n in der Welt?, warum Verwand- / lung, Fluß

der Zeit, Entstehen und Vergehen? Nie ist eine bangere Frage ge-

stellt worden, denn ihr ist auch das Leben unterworfen, und nie

wurde eine gegensätzlicher beantwortet! Die Antwort hängt mit

allen Grundentscheidungen der Philosophie unmittelbar zusammen

und entscheidet darüber, was Geschichtsphilosophie sei und welche

Würde sie habe.

Wird das Werden naturhaft gedacht, dann sind mechanischer Deter-

minismus, geschlossene Naturursächlichkeit, Atomismus, Individua-