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[IX/X]

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auch der französischen Revolution innerlich zu nahe, welche die

Geschichte nicht um Rat fragte, sondern verneinte und die Gebeine

der alten Könige und Führer aus den Grüften warf.

Das unwahre innere Verhältnis zur Geschichte führt zu ihrer

Auffassung als Natur, das wahre zu ihrer Auffassung als Geist. Das

unwahre Verhältnis zur Geschichte stürzt den Menschen in die

Vernichtung des Naturgeschehens, das wahre in die Dauerbarkeit

des Geistes.

Dieses Buch verlangt vom Leser Mut des Geistes.

Der schöpferische, ungebrochene, innerliche Mensch kennt die ur-

tümliche Selbstsetzungs- und Eingebungskraft des Geistes. Er glaubt

an den Geist und glaubt an die Geschichte als Geist. Der unschöpfe-

rische, zerrissene, äußerliche Mensch hält alles für entlehnt, erlernt,

beeinflußt. Er nimmt die äußeren Vorbedingungen für das Wesen

und glaubt mehr und mehr an die Geschichte als Natur. Alle natu-

ralistisch geklitterten Geschichtsphilosophien entsprechen diesem

geschwächten, veräußerlichten / Zustande eines mit sich selbst zer-

worfenen Jahrhunderts, in welchem der Geist von seiner verbor-

genen Fülle, dem Weltüberhöhenden des Denkens, dem Ungeteilten

seines Grundes sich abwendet und schließlich an sich selbst irre wird.

Auch der sogenannte „Historismus“ fällt darunter, der durch seine

positivistische und rationalistische Haltung schließlich vom Natura-

lismus überwältigt wurde. Da der Naturalismus die tiefere Quelle

der Wirklichkeit nicht kennt, ist er abstrakt-allgemein gerichtet,

das heißt aber — wirklichkeitsfremd. Die Wirklichkeit von der

Quelle her, in ihrer Tiefe, ist nur jener Auffassung zugänglich,

welche die Geschichte als Geist erfaßt und vom Geiste aus auch die

Natur versteht.

Der Mensch empfindet zugleich Grauen und Hingabe beim An-

blicke der Geschichte. Grauen, denn sie ist der Moloch, der alles

verzehrt, der Abgrund, der alles verschlingt. Hingabe, denn sie zieht

ihn zugleich mit unwiderstehlicher Gewalt an. Hier findet er sein

Feld, hier seine Tätigkeit, er ahnt, daß das Übergeschichtliche nur

im Geschichtlichen sich darstellt. Und eben denselben Zwiespalt zeigt

ihm der Begriff des Lebens selbst. Das Leben ist nicht wert, dauernd

gelebt zu werden. Darum ist der Tod eine innere Notwendigkeit.

Aber diese Vergänglichkeit vernichtet nicht, wenn Schöpfertum hin-