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II.
Der sachliche Gesellschaftsbegriff oder die Ausgliederungs-
ordnung nach ihrem Inhalte
An einer Ganzheit kann alles nur in Gliedern erscheinen. Ganz-
heit stellt sich nicht atomistisch dar in letzten, gleichartigen oder
ähnlichen Stücken „Teilen“ — sondern wieder in kleinen Ganzhei-
ten. Das erste Gesetz dieser Selbstdarstellung ist in den „Teilganzen“
(Objektivationssystemen) und im „Stufenbau“ gegeben. Die Gesell-
schaft erscheint nirgends „als solche“, als „Gesellschaft schlechthin“,
sondern immer nur als bestimmte Art oder „Teilganzheit“ auf be-
stimmter Stufe, z. B. als Wirtschaft; wie ja auch der menschliche
Organismus niemals und nirgends Organismus schlechthin ist, son-
dern immer ein bestimmt gestaltetes Organsystem: Herz, Lunge,
Verdauungssystem und so fort.
Die Frage, in welche Teilganzen und Stufen das gesellschaftliche Ganze sich
ausgliedert, ist nicht rein begrifflich, nicht deduktiv zu entscheiden, sondern /
durch eine Untersuchung des Tatsächlichen, eine Untersuchung, die sich also
an die Erfahrung halten muß. Allerdings kann diese Untersuchung wieder auch
keine rein induktive sein, weil sie dann so uferlos und unfertig wäre, wie jede
bloße Induktion notwendig bleiben muß; sondern V e r s t e h e n d e s W e -
s e n s jeder Teilganzheiten ist nötig, um ihre Tatsächlichkeit sowohl wie ihren
Gliederbau zu erfassen. Die Erfahrung zeigt weitgehende Verschiedenheiten zwi-
schen den Teilganzen, zum Beispiel der Wirtschaft gegenüber dem Recht.
Der Frage, in welche Teilganzheiten und Stufen die menschliche Gesellschaft
zerfällt, ist die „Besondere Gesellschaftslehre“ gewidmet, die wir oben in Um-
rissen entwickelten. Hier handelt es sich nur um die verfahrenmäßige Bedeutung
der Fragestellung und der beiden Grundbegriffe des formalen und des sachlichen
Gesellschaftsbegriffes.