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Die L e i b e s ü b u n g e n haben auch in diesem Zusammenhange des aus-

drückenden Handelns ihre Stelle, man denke nur an den Tanz

1

.

Aus dem v e r a n s t a l t e n d e n H a n d e l n heben wir zu-

erst dessen wichtigstes Gebilde, den Staat, heraus.

e.

Erziehung zu Staat und Staatskunst

Das wildgewachsene Führertum der Demokratie kennt keine Er-

ziehung zum Staate. Erst wenn der Staat ein Stand wird (daß und

wie er dies ist, sei hier vorausgesetzt), ist objektive Erziehung zu ihm

und zur Betätigung in ihm, zur Staatskunst (Politik) möglich. Die

Erziehung zur Staatskunst muß echte Führererziehung sein

2

.

Wesentlich in Erziehung und Leben des heutigen Staatsmannes

dünkt mich vor allem: Der Kampf gegen die geistige Auslaugung

(die Folge des gehetzten, ungesammelten Lebens des Politikers, über

das früher gesprochen wurde); und ferner der Kampf gegen das

Untergehen in der „Taktik". Da man nämlich die politische Idee

niemals unmittelbar in die Wirklichkeit umsetzen kann — Politik

ist, wie Bismarck sagte, die „Kunst des Möglichen“ — bedarf es der

T a k t i k , welche jeweils die a u g e n b l i c k l i c h e n Möglich-

keiten abmißt. Der radikale Schlag von Politikern ist nun oft ohne

Augenmaß (reine Ideenpolitiker), will mit dem Kopfe durch die

Wand rennen. Da kommt es leicht zur Katastrophe (Katastrophen-

politiker). Erbärmlich ist das Gegenteil, die Taktik allein (Oppor-

tunisten und bloße Schachspieler der Staatskunst). Das Ziel ist Ver-

bindung von Strategie mit Taktik. Kaiser Heinrich der Finkler /

zahlte zwar 10 Jahre lang (nach seiner Niederlage) den Magyaren

Tribut, nach 10 Jahren aber sandte er ihnen einen räudigen Hund

— nachdem er nämlich durch Ausbau der Reiterei und des Städte-

wesens die Zeit genützt hatte.

Im übrigen ist bei der Erziehung zum Staate die Gliederung

seiner Aufgaben zu beachten: äußere Politik (Diplomatie und staats-

gestaltender Gedanke nach außen hin); innere Politik (Regierung,

Verwaltung und Recht, der staatsgestaltende Gedanke im Innern;

dazu im individualistischen Staate noch: das Parteienwesen, siehe

oben 1. Aufsatz; Heerwesen (Kriegertum, das jedem Staatsmann,

1

Vgl. oben S. 174.

2

Näheres darüber führte Professor Walter Heinrich in einem eigenen Vortrage

aus. Vgl. auch mein Buch: Der wahre Staat (1921), § 36 [4. Aufl., Jena 1938].

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