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[5]
— womit auch die schon erwähnte Ableitung des Staatswillens
aus der Willkür aller Einzelnen gegeben ist; und womit endlich
gegeben ist: die rein utilitaristische Natur des Staates. Keine sittliche,
keine völkische Würde hat darnach der Staat, er ist auch nicht
Sache der Gesinnung, sondern er ist lediglich der Ausdruck äußerer
Nützlichkeit, Werkzeuglichkeit und äußerer Zwangsgewalt.
Wie ist nun die individualistische Wirtschaft bestimmt? Sie ist
durch dieselben Grundsätze wie der Staat bestimmt, nämlich durch:
(1)
den Eigennutz der Einzelnen (entsprechend der geistigen
Autarkie in der Staatslehre);
(2)
durch das Zusammentreffen dieser Eigennutze auf dem
Markte im T a u s c h (entsprechend dem Zusammentreffen zur
Staatsbildung im Vertrage);
(3)
durch Wirtschaftsfreiheit, freien Wettbewerb, freien Arbeits-
vertrag, Freihandel — „laissez faire, laissez aller, le monde va de
lui-même“;
(4)
durch rein äußerliche, blindnotwendige, mechanisch-mathe-
matische Gesetze der Preisbildung (nach [2] und [3]: le monde va
de lui-même — der „Automatismus“);
(5)
dadurch, daß bei dieser Preisbildung der wirtschaftlich
Schwächere, besonders was Lohn und Betrieb anbelangt, ins Hinter-
treffen gerät; wodurch eine P r o l e t a r i s i e r u n g eintritt, welche
die Masse entrechtet und aus der Gemeinschaft der Volkheit mehr
und mehr ausstößt;
(6)
endlich durch eine Chaotisierung der Wirtschaft selbst, die
man verschämt „ K r i s e “ zu nennen pflegt. Krise ist Wirtschafts-
zerstörung, Wirtschaftschaos. Welche ungeheure Bedeutung die Wirt-
schaftszerstörung durch die Weltwirtschaftskrise hat, ist ja allen,
welche die Zeit seit dem Ende des Krieges erlebt haben, gegenwärtig.
Dies das Bild des Individualismus von Staat und Wirtschaft,
welcher seit 1789 immer mehr (wenn auch niemals ganz, da er eine
Utopie ist) in die geschichtliche Wirklichkeit übergeführt wurde.
Welches Gedankensystem ist nun diesem in der Geschichte so
verhängnisvollen und in der Gegenwart so mächtigen Individualis-
mus entgegenzustellen? Ich antworte:
die ganzheitlich-ständische Auffassung von Staat und Wirtschaft.