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higt sich dabei. Fähigkeit und Drang zur Veränderung oder Um-

gliederung bleibt der Materie dennoch, denn sie ist nicht tot (man

erinnere sich an das Beispiel vom Dynamit

1

), wie denn auch Phy-

sik und Chemie die Wissenschaften von den Umwandlungen ihrer

Zustände sind.

Von der allgemeinen Grundbedingung der Gezweiung höherer Ordnung für

das Werden der Natur wurde hier abgesehen

2

.

In welchem Verhältnisse steht unsere Begriffsbestimmung der

„Verräumlichung“ zu dem Begriffe der G e s t a l t ? Auch das

wurde schon früher berührt, ist aber hier weiter zu verfolgen.

Hier zeigt sich nun das Merkwürdige, daß die Gestalt der Materie

nur in bestimmtem Sinne eigen ist. Dasjenige, was sich verräumlicht,

hat einen Maßstab für die Umgrenzung der Verräumlichung in

ganz anderer Weise in sich wie der Geist, der in der Gestalt ein

Inneres sinnbildlich ausdrückt (welchen Unterschied von rein „ele-

mentarischer“ und „Ausdrucks“gestalt wir schon früher entwickel-

ten

3

). Die bloße Verräumlichung kann auch als ein Tätiges schlecht-

hin aufgefaßt, kann rein dynamisch verstanden werden und hat da-

mit nur ein Mehr oder Weniger von Verräumlichung bei sich, die

mathematisch bestimmbar, nicht aber im geistigen Sinne Gestalt ist.

Es ist eine bedeutsame Tatsache, an der keine Naturphilosophie

vorübergehen darf: daß die Schwere, die elektromagnetischen Vor-

gänge, die Wärme, die chemischen Kräfte für die Gestalt erst in

einem nachgeordneten Sinne empfindlich sind — denn es sind

E i g e n s c h a f t e n , die sich verräumlichen. Diese sind das Erste.

Darum hören wir in der Physik und Chemie von Masse, Gewicht,

Geschwindigkeit, Beschleunigung, Temperatur, Feldstärke, Poten-

tial, nicht aber primär von geometrischen Figuren. Allerdings sind

die Naturdinge gegen ihre / absolute Größe und Menge nicht un-

empfindlich (man denke an Kristalle). Damit ist gesagt, daß auch sie

ihr arteigenes Maß haben, das heißt Gestalt

4

.

Die Gestalt als Ausdruck der Innerlichkeit und der Seele findet

sich aber erst im Reiche des Organischen, ist erst ein Ergebnis der

1

Siehe oben S. 49 f.

2

Siehe oben S. 167 ff.

3

Siehe oben S. 324 ff., 328 ff. und 331 ff.

4

Siehe oben S. 329 f.