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Gezweiung höherer Ordnung in bestimmter Weise und in verhält-

nismäßig dauernder Weise vor sich geht. Die unvermittelte Ge-

zweiung höherer Ordnung — ohne Leib, ohne Samen, ohne schon

jeweils vorgegebene organische Materie, wäre, wenn überhaupt, nur

als „Ekstase“ möglich.

Indem die Idee auf diese Weise zu einem ihr arteigenen „Leibe“

kommt, hat sie auch schon die zweite Stufe des Lebens, die „Sinn-

lichkeit“ erlangt und ist sie nicht mehr rein wachstümlich / (vege-

tativ), sondern auch zugleich schon empfindend: die sinnliche oder

sensitive Seele. Nichts was einen Leib hat, kann ohne jede Sinnlich-

keit (Sensitivität) sein. Gerade hier zeigt sich der Sinn der Verleib-

lichung der Idee. Die Idee kann erst zu Sinnlichkeit (Sensitivität) ge-

langen auf Grund der Gezweiung höherer Ordnung mit dem In-

neren des Stoffes. Sie kann, indem sie aus sich selbst heraus keinen

Zugang zur Räumlichkeit und zu den Zuständlichkeiten des Stof-

fes hat, nur mittelbar, kraft ihres Eindringens in das Innerliche des

Stoffes, dessen Äußerlichkeit erfahren.

Hiermit ist derselbe Begriff der Sinnesorgane wieder erreicht, der

sich schon unserer früheren Untersuchung ergab. Sinnesorgane sind

nichts als Sonderungen (Spezialisierungen) des Leibes, denn der Leib

ist ja schon ein einziges, großes Sinnesorgan. (Daher in diesem Sinne

auch die Pflanzen Sinnesorgane haben.) Daß kein Leib ein vollkom-

men Homogenes sei, weil kein Leben nur einen einzigen Rhythmus,

nur eine einzige Gezweiung höherer Ordnung mit nur einer einzi-

gen Art von immateriellen Zentren durchführt; daß daher überall

schon Sonderungen in der Leibbildung, also Sinnesorgane auftreten

werden, liegt im Begriffe der Sache. — Die B e r ü h r u n g d e r

I d e e m i t d e r I n n e r l i c h k e i t d e r N a t u r ü b e r -

h a u p t i s t d a s V e g e t a t i v e , d i e B e r ü h r u n g m i t

e i n e r b e s o n d e r e n I n n e r l i c h k e i t o d e r a u f e i n e

b e s o n d e r e W e i s e i s t d a s S i n n l i c h e o d e r S e n -

s i t i v e .

Auf diese Weise wird die Seele in die Sinnlichkeit, die Idee in die

Welt eingeführt.

Hier ist auch der Ort, um von der Materie als „W e r k z e u g “

zu sprechen. Es ist eine irrtümliche, unzulängliche Wesensbestim-

mung, welche die Materie als „bloßes Werkzeug“ für den Geist er-

klärt. Gewiß ist die Natur dem Geiste auch Werkzeug, zum Beispiel

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