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hervorgerufen werden. Weiter führt Henderson als Vorzüge des Wassers an:

die hohe latente Schmelzwärme (die höchste bisher bekannte), die sowohl Ge-

frieren wie Verdampfen erschwert und für die ganze Erde temperaturaus-

gleichend wirkt; ferner die große Wärmeleitungsfähigkeit des Wassers, die

ebenfalls temperaturausgleichend wirkt; die Ausdehnung vor dem Gefrierpunkte,

mit der allbekannten Bedeutung für die Erhaltung des Lebens; die unver-

gleichliche Lösungskraft des Wassers; die elektrolytische Dissoziation, die im

Wasser umfassender ist als in irgendeinem anderen Lösungsmittel (als Folge

der ungewöhnlich hohen Dielektrizitätskonstanten des Wassers); endlich die

große Oberflächenspannung, nach Quecksilber die größte, die dem Wasser eigen

ist. Oberflächenspannung und Dichte bestimmen die Höhe, zu welcher eine

Flüssigkeit in einem Kapillarsystem aufsteigen kann. Dank seiner großen Ober-

flächenspannung kann das Wasser in Pflanzen eindringen, ferner ist es für die

Bildung von Kolloiden (die ihrerseits die Voraussetzung für die Erzeugung be-

weglicher organischer Gefüge sind) von grundlegender Bedeutung

1

/

Mit gleicher Überzeugungskraft schildert Henderson die Eignung der K o h -

l e n s ä u r e und die Bedeutung des O z e a n s

3

mit seiner verhältnismäßigen Be-

ständigkeit der Temperatur und anderen Eigenschaften. Er hebt hiebei den be-

kannten Kreislauf des Wassers in seinen Auswirkungen hervor. Eine glänzende Dar-

stellung der Lebenseignung der dinglichen Welt gibt Henderson hinsichtlich

der chemischen Hauptbestandteile der organischen Substanz, nämlich der drei

Elemente Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff, aus denen Wasser und Kohlen-

säure wird. Die chemischen Substanzen, welche weder Kohlenstoff noch Wasser-

stoff, noch Sauerstoff enthalten, bilden nur einige Prozente aller bekannten

Körper. Wasserstoff und Sauerstoff rufen überall, wo sie sich finden, eine große

chemische Aktivität hervor. Ohne Wasserstoff und Sauerstoff wäre die Mög-

lichkeit einer Einführung anderer Elemente in die physiologischen Vorgänge

sehr beschränkt. Am wichtigsten ist aber die unter allen Elementen einzig da-

stehende F'ähigkeit des Kohlenstoffes, in Verbindung mit Wasserstoff Tausende

von Körpern zu bilden. Durch das Hinzutreten des Sauerstoffes wird die Ver-

schiedenartigkeit und Menge der möglichen Verbindungen noch gesteigert.

Diese Verbindungen dienen wieder anderen zur Grundlage. „Die Verbindung

1

Wir möchten hervorheben, daß man W a s s e r a l s E l e m e n t i m a l t e n

S i n n e , nicht aber als Zusammensetzung von H

2

0 denken muß. Bei Wasser

an H

2

O zu denken, gliche etwa dem Versuche, bei einer Schlacht, bei einer

Staatsberatung, einer freundschaftlichen Geselligkeit an die Knochengerüste

all dieser Menschen zu denken, die nach ihrem Tode in den Gräbern übrig

bleiben. Nicht Knochengerüste schlagen aber eine Schlacht, halten eine Staats-

beratung ab, vereinigen sich in Geselligkeit, sondern handelnde, denkende, lie-

bende Menschen vollbringen es. So ist es in Wahrheit auch Wasser, welches ver-

dunstet, sich als Regen niederschlägt, als Feuchtigkeit pflanzliches, tierisches

und menschliches Leben trägt und befruchtet. Das Wasser ist für das Leben

geeignet und selbst dem Leben verwandt. Etwas ganz anderes bedeutet dagegen

der Umstand, daß es möglich ist, Wasser unter der Bedingung des Vorhanden-

seins von Wasserstoff und Sauerstoff hervortreten zu lassen oder aus dem Wasser

unter gewissen Bedingungen Leichenteile zu erhalten, die Wasserstoff und

Sauerstoff sind.

2

Henderson: Die Umwelt des Lebens, S. 69ff.

3

Henderson: Die Umwelt des Lebens, S. 86ff.